Gegen Bilderklau - Das Original

Registrierung Mitgliederliste Teammitglieder Suche Häufig gestellte Fragen Statistik Chat Karte Zur Startseite

Gegen Bilderklau - Das Original » Prosa, Epik, Kunst » Schreibecke » Geschichten » Momentaufnahme. » Hallo Gast [Anmelden|Registrieren]
Letzter Beitrag | Erster ungelesener Beitrag Druckvorschau | Thema zu Favoriten hinzufügen
Neues Thema erstellen Antwort erstellen
Zum Ende der Seite springen Momentaufnahme.
Autor
Beitrag « Vorheriges Thema | Nächstes Thema »
Snowi
ehemals snowwhite×blackjacket.


images/avatars/avatar-51831.png

Dabei seit: 21.01.2007
Beiträge: 14.099
Herkunft: wiesbaden
Name: anna

Pfeil Momentaufnahme. Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Ich bin krank.

    Es ist wie ein Orgasmus. Das extasische, unkontrollierbar euphorische Gefühl, das sich wie ein wohlig warmes Tuch um den Körper legt, wenn der Eisstil in sein kaltes zu Hause gleitet und die von der Sonne geschmolzene Masse den Arm hinunterläuft, um von dem angenehmen Schutzmantel in Empfang genommen zu werden. Der Gaukler hat die Augen fest geschlossen. Seine Gliedmaßen zucken, er stöhnt ein, nein, zwei Mal auf. Sein Mund ist leicht geöffnet und er lächelt. Aber es ist kein glückliches Lächeln. Es ist ein Lächeln, wie es auf den Mündern der Toten liegt, wenn sie in der Glut ewiger Feuerbrunst zu Asche vergehen. Es hat etwas Verlorenes, Verbrauchtes, vielleicht etwas Versiegtes an sich, ist nicht mehr das, was es im Kindesalter war, als kein Schmerz zu groß gewesen war, um ihn innerhalb kürzester Zeit zu überwinden.
    Der Gaukler hält inne und blickt auf. Seine Augen brennen, die Erinnerungem, die wie alte Fotos in seinem schwarzen Herz kokeln, zerreißen ihm beinahe die Brust. Er legt den Eisstiel, wie er ihn liebevoll getauft hat, beiseite und bedenkt ihn mit einem nahezu mütterlichen Blick. Kurz fährt er mit dem Finger über die raue Klinge. Die Edelstahnzähne lecken wie Feuer an seiner Fingerkuppe. Den Gaukler überkommt eine Gänsehaut. Die Tränen, die in ihm aufgestiegen sind, scheinen vergessen.
    Er richtet sich auf, drückt den Finger auf seinen Arm, als wolle er ihn zum Schweigen bringen. Ganz langsam, als hätte man ihn in Zeitlupe zur Strecke gebracht, so unendlich schwerfällig, steigt er aus seiner Kleidung. Der Spiegel tut sich ihm direkt auf. Ohne eine Regung in seinen Zügen, betrachtet sich der Gaukler, Sekunden, Minuten. Ein Würgereiz bricht sich in seiner Kehle Bahn, doch er unterdrückt ihn, lächelt wieder leise und strafft die Schultern. Er ist stark, der Gaukler. Er kennt keine Schwäche und keine unlauteren Gefühle. Er ist perfekt.
    Lüsternd wandert die ungeziemte Hand des Gauklers zwischen seine Schenkel und erkundet begierig, was dort in Unschuldsmanier baumelt. Ein breites Grinsen stiehlt sich auf die Lippen ihres Besitzers und es scheint, als bräche es auch aus seinen anderen Gliedmaßen hervor. Ein hässliches Grinsen, gelbzähnig, fäulnisgeplagt und erzählend von dunklen Taten, die es vollbracht.
    Der Gaukler kehrt dem Spiegel den Rücken zu und betrachtet angetan die vor ihm auf dem Nachttisch liegende Klinge. Das fahle Mondlicht, das durch das milchig weiße, vom Zigarettendunst beschlagene Fenster ins Zimmer fällt, spiegelt sich auf der verunreinigten Oberfläche, doch es stört den Gaukler nicht. Seine bebende Hand greift zögernd nach dem aus Plastik gefertigten Griff und hebt es so behäbig an, als wöge es mehr als eine Tonne. Wie ein Requiem streckt er es andächtig in die Höh' und plötzlich entflieht ihm ein schrilles, gickelndes Lachen, das klingt, als komme es von einem anderen.
    Unvermittelt schmeißt der Gaukler seinen Schatz nach oben gen Decke. Wie oft er das schon getan hat, kann er nicht mehr sagen und weiß doch, dass es ihn jedes Mal aufs Neue berauschen wird, das, was er gleich tun wird. Wie einen fluffigen Kuchen schneidet das Messer seine Haut, erwartet und doch überraschend. Es ist der Schmerz, der für einen kurzen Moment die Sinne des Gauklers benebelt, ihn zu Boden sinken & schreien lässt, bis sich das wohlvertraute Seufzen, das Erleichterung ausdrückt, endlich einstellt und er hechelnd und keuchend, wie ein geprügelter und dennoch treuer Hund, auf der Erde kauert und sich schwört, das es das letzte Mal gewesen ist.
    Dabei weiß der Gaukler nicht, in welchem traurigen Teufelskreis er sich befindet. Glaubt er, die ganzen todtraurigen und doch beglückten Gesichter seiner Ahnengalerie ihre Krankheit besiegt habend zu wissen, so irrt er. Sie spielten alle leichtfertig mit dem Tod um das Leben und verloren, verloren sich, bis sie bettelnd und flehend, gebeutelt von der Einsicht ihrer fatalen Lebenslüge, bei Satan selbst um ihre Erlösung schrien.


__________________
- is to think for yourself; aloud
coco chanel

31.07.2007 03:21 Snowi ist offline E-Mail an Snowi senden Beiträge von Snowi suchen Nehmen Sie Snowi in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Snowi in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Snowi anzeigen
HafiGirl HafiGirl ist weiblich
Mitglied


images/avatars/avatar-11115.jpg

Dabei seit: 09.08.2005
Beiträge: 1.208

Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Du bist krank.

Aber das mag ich Zunge raus
Schöne Wortwahl. Es ist zwar ein wenig "schwer" zu lesen, gefällt mir jedoch trotzdem super gut <33

Zitat:
... Erde kauert und sich schwört, dass es das letzte Mal gewesen ist ...


Der einzige Fehler, den ich entdeckt habe XD

Also, weiter so smile

Lg, Nadine


__________________


.x Because I cried x.
.x Because I tought you'll die x.
.x Because I never gave up x.

.x Because I love x.


I loVe mY HorSe

Ava by Corell

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von HafiGirl: 01.08.2007 11:18.

01.08.2007 11:18 HafiGirl ist offline E-Mail an HafiGirl senden Beiträge von HafiGirl suchen Nehmen Sie HafiGirl in Ihre Freundesliste auf
Luca Luca ist weiblich
Pemberley


images/avatars/avatar-46677.jpg

Dabei seit: 09.02.2005
Beiträge: 6.269

Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Hehe =D . Eine Kurzgeschichte von mir heißt ebenfalls Momentaufnahme(n) Augenzwinkern .

Hm, also... die Geschichte ist vom Schreibstil unheimlich ansprechend udn gefällt mir eigentlich auch ziemlich gut. Besonders weil sie den Sinn und Informationen nicht entgegen schreien (ist meist auch bei meinen Geschichten so...). Mit dem Thema kann ich mich nicht so anfreunden, auch wenn der letzte Absatz einfach brilliant ist, gefällt mir sehr gut.

Also, vom Stil her kann ich schon mal nichts einwenden fröhlich . Sehr schöne Wortwahl auch, wenn auch teilweise etwas... zu gewählt, dann wirkt es beinahe schon wieder erdrückend. An ein, oder zwei Stellen.

__________________

Romanes eunt domus!


02.08.2007 12:30 Luca ist offline Beiträge von Luca suchen Nehmen Sie Luca in Ihre Freundesliste auf
Baumstruktur | Brettstruktur
Gehe zu:
Neues Thema erstellen Antwort erstellen
Gegen Bilderklau - Das Original » Prosa, Epik, Kunst » Schreibecke » Geschichten » Momentaufnahme.

Impressum

Forensoftware: Burning Board, entwickelt von WoltLab GmbH