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_Fusselchen_ _Fusselchen_ ist weiblich
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So ihr Lieben, jetzt meld ich mich auch mal wieder mit einer Geschichte. Ich habe sie zu Weihanchten geschrieben, sie handelt auch von Weihanchten^^Ich persönlich weiß überhaupt nicht was ich davon halten soll. Ich habe irgendwie noch keinen richtigen Zugang zu der Geschichte gefunden, vielleicht weil das Thema ein klien wenig irreal ist... Deshalb habe ich mich auch bis jetzt nicht getraut sie zu zeigen^^Aber ich würde mich über Meinungen von euch sehr freuen großes Grinsen


Alleingelassen


Der jungen Frau war nicht mehr viel geblieben. Das wichtigste, das ihr mittlerweile genommen worden war, war ihre Hoffnung. Hoffnung auf ein besseres Leben, auf eine Zukunft. Gehütet und gepflegt hatte sie ihre Zuversicht. Hinter ihren traurigen Augen und dem leeren Blick, der von ziellosen und schweren Gedanken kündete, schien sie nun doch verloren gegangen zu sein. Traurig saß sie auf dem Boden und betrachtete gedankenversunken den Gegenstand in ihrer Hand. An ihm hatte sie sich ein ganzes Jahr festgeklammert, in der Überzeugung ihn heute an einem anderen Ort in den Händen halten zu können. „Mein Kind, zünde sie in einer schweren Stunde an, und sie wird das Dunkel um dich erhellen.“ Hatte der alte Mann damals gesagt und ihr die kleine Kerze, die fest auf einem runden Teller verankert war, gemeinsam mit einer Streichholzschachtel gereicht. Die junge Frau wusste nicht wie der Mann Kerze und Streichhölzer hereingeschmuggelt hatte und wie viel Geld er geboten haben musste, um sie besuchen zu dürfen aber sie erinnerte sich noch gut an diesen Abend vor genau einem Jahr. Einsam und allein saß sie an jenem Tag in ihrem Zimmer als sich die Tür öffnete und der alte Mann mit dem so märchenhaften Gesicht hereintrat. Die tiefen Falten um seine Augen, der warme Ausdruck in seinem Blick und die Anmut in jeder seiner Bewegungen, ließen die Frau glauben, er käme von einer anderen Welt. Warum, dass konnte sie sich selbst nicht erklären. Vielleicht, weil sie in ihrem kurzen Leben gelernt hatte allen Menschen zu misstrauen. Die Ausstrahlung dieses Mannes machte ihr dies unmöglich und die Einsamkeit der letzten Wochen war auf einmal vergessen. In der Gegenwart des Alten fühlte sich die Frau geborgen und frei. Er blieb nicht lange und bevor er ging nahm der Mann ihre Hand und drückte sie fest, auf die gleiche Weise wie sie es früher in der Kirche nach dem Vaterunser getan hatte. Aus dieser so einfachen aber vollkommenen Berührung, die stärker war als alles, was sie zuvor kennen gelernt hatte, schöpfte die Frau Kraft und Energie, Gefühle, deren Existenz sie schon lange vergessen hatte. Dieser Händedruck berührte sie, wo kein Wort, kein Mensch und kein Gedanke sie bisher berührt hatte. Und allen Kummer und alle Schwermut nahm der außergewöhnliche Mann, der ihr Vater war, mit sich, als er die Tür hinter sich schloss. Zurück ließ er mehr als nur die Kerze. Ob bewusst oder unbewusst gab er der jungen Frau ihren Glauben an Gerechtigkeit zurück, den sie vor langer Zeit in die hintersten Winkel ihres Geistes verdrängt hatte. Ihr Glaube sollte von nun an eine schützende Wand für sie sein, ein Wand die sie von düsteren Gedanken und Gefühlen abschirmte.

Aber mit der Zeit meldeten sich die Zweifel zurück. Sie war sich sicher gewesen, als sie an diesem Weihnachtsabend ihren Vater in der Tür hatte stehen sehen, dass der erste Schritt für eine Versöhnung nach all der langen Zeit getan war. Aber auf einen ersten Schritt musste ein zweiter folgen und wie sollte sie ihn gehen? Ihr war untersagt jeglichen Kontakt zu Außenwelt aufzunehmen. Nicht einmal Briefe durfte sie schreiben. Mit jedem Tag, der ohne einen Besuch ihres Vaters verging, beanspruchten Verzweiflung und Freudlosigkeit noch energischer ihren Platz in dem Herzen der Frau zurück. Solange bis sie sich endlich bewusst wurde, dass das, wovon alle glaubten, dass sie es getan hatte, nicht gutzumachen war. Es war aussichtslos und zu viel verlangt auf das Verständnis und die Vergebung ihres Vaters zu hoffen.

Mit den Gedanken noch ein Jahr zurück richtete sie sich langsam auf und öffnete das kleine Fenster über ihrem Bett. Draußen auf den hell erleuchteten Straßen sah sie nicht viele Menschen, es war früher Abend und alle saßen gemeinsam mit ihren Familien hinter verschlossenen Türen und sperrten ihr Glück und ihre Freude mit sich in den hell erleuchteten Wohnzimmern ein. In den Gärten standen festlich geschmückte Christbäume und ab und zu stapfte ein in rot gekleidete Weihnachtsmann durch den tiefen Schnee, um den Kindern die Freuden des Heiligen Abends zu überbringen. Schwippbögen und Weihnachtssterne zierten die Fenster und nichts dort draußen wies auf das dunkle Grau hin, das die Frau in ihrem kleinen Kämmerchen umgab. Doch alle diese Freude, die zum Greifen nah schien und doch so weit entfernt war, konnte der Frau keine Tränen mehr in die Augen treiben. Sie hatte gelernt zu warten, auf das nächste Läuten des Glockenturms, auf den nächsten Sonnenaufgang, der stets so lange auf sich warten ließ, und die nächste Nacht, die immer viel zu schnell kam. Heute gab es noch etwas anderes, auf das sie wartete. Sie wusste wie utopisch, ja unmöglich ihr Wunsch war, und sie schämte sich dafür, sich trotzdem an ihm festzuklammern, aber verdrängen konnte sie diese Hoffnung nicht, die von Minute zu Minute stärker wurde. Aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass ihr Vater nicht kommen würde. Er würde ihr heute Abend nicht den tief ersehnten Trost bringen.

Endlich wandte sie den Blick von den schneebedeckten Dächern ab und setzte sich zurück auf den Boden. Neben ihr stand die Kerze mit der Streichholzschachtel. Beides bedachte sie mit einem Blick, in dem für kurze Zeit unbeschreibliche Wut ihren Ausdruck fand. Aber die Frau besann sich schnell und der Erbitterung wich Verständnis. Dieses kleine Geschenk war mehr gewesen, als sie hätte erwarten dürfen, für einen Mann, der ihr die Schuld an dem Tod seiner Frau gab. Behutsam nahm die junge Frau ein Streichholz aus der Schachtel und zündete es an. „Mein Kind, zünde sie in einer schweren Stunde an, und sie wird das Dunkel um dich erhellen.“ Jetzt schien ihr der richtige Augenblick gekommen zu sein. Die Kerze entzündete sich mit einem Zischen und obwohl ihr Licht noch schwach und unruhig war, erleuchtete sie den ganzen Raum. Und die Kerze, samt dem kleinen Teller auf dem sie stand, durchflutete die Frau, mit einer Ruhe, die sie genauso vor genau einem Jahr gespürt hatte. Die Frau fühlte noch einmal die Hand ihres Vaters in ihrer, spürte, wie er ihr mit diesem Händedruck Kraft geben wollte. Sie sah seine wundervollen, blauen Augen und das Verständnis, das in ihnen lag. Und sie erinnerte sich an etwas, das sie vor einem Jahr nicht erkannt hatte. Müdigkeit, eine unbeschreibliche Müdigkeit und Hoffnungslosigkeit. Und endlich forderte die Erschöpfung, die all das Zweifeln und die Resignation der vergangenen Monate mit sich gebracht hatte, ihren Tribut. Von dem warmen Licht der Kerze ihres Vaters umgeben fielen der Frau langsam die Augen zu. Mit dem für sie so einzigartigen Gefühl, nicht allein zu sein schlief sie auf dem staubigen Boden ein und ihr Anblick hatte etwas friedvolleres, als die Zelle dieses Gefängnisses wohl jemals gesehen hatte.

Als sie am nächsten Morgen erwachte, war von den Eindrücken, die die kleine Kerze mit sich gebracht hatte, nichts mehr zu spüren. Das Licht war heruntergebrannt, nur eine kleine Schicht Wachs und der Teller, auf der die Kerze gestanden hatte, erinnerten an die Gefühle des letzten Abends. Die junge Frau wollte die Kerze in der kleinen Nische unter ihrem Bett verstecken, bevor jemand etwas bemerkte. Die Insassen des Gefängnisses durften nicht einmal einen Stift besitzen, geschweige denn eine Kerze und Streichhölzer. Da entdeckte sie es. Auf dem Teller stand in der Handschrift ihres Vaters eine kleine, unleserliche Nachricht. Die Frau konnte die Buchstaben erst entziffern, als sie das Wachs darüber sorgfältig abgekratzt hatte.

Vergiss nie, dass ich dich liebe. Es tut mir Leid. Ich bin so müde.
Dein Vater, 24.12.1922


Er hatte sie nicht verlassen, nicht im Herzen. Nur sich selbst hatte er verlassen. Und das Leben.
Eine Erklärung, aber kein Trost.

Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von _Fusselchen_: 21.02.2010 10:48.

20.02.2010 20:48 _Fusselchen_ ist offline E-Mail an _Fusselchen_ senden Beiträge von _Fusselchen_ suchen Nehmen Sie _Fusselchen_ in Ihre Freundesliste auf
_Fusselchen_ _Fusselchen_ ist weiblich
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danke, das freut mich sehr, dass es dir gefällt :-) im Original habe ich es geändert, du hast natürlich recht mit Verbitterung^^ aber wiso würdest du das "Mehr als" raus nehmen? das ist doch gerade der Sinn, also für mich^^

will noch jemand was dazu sagen? großes Grinsen
22.02.2010 22:17 _Fusselchen_ ist offline E-Mail an _Fusselchen_ senden Beiträge von _Fusselchen_ suchen Nehmen Sie _Fusselchen_ in Ihre Freundesliste auf
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Kann Jeanny nur zustimmen.
Schöner Aufbau, schöne Wortwahl - einfach ein gelungener, kleiner Text <3

Nur
Zitat:
Hatte der alte Mann damals gesagt und ihr die kleine Kerze, die fest auf einem runden Teller verankert war, gemeinsam mit einer Streichholzschachtel gereicht.
über den Satz bin ich etwas gestolpert.
Der Nebensatz erscheint mir unpassend eingerückt und hat für mich zumindest nicht in den Lesefluss gepasst. Den Nebensatz hätte ich in einen 2. Satz geschrieben oder statts "HS, NS, HS" lieber "HS, NS" gewählt, wobei "... und ihr die kleine Kerze gemeinsam mit einer Streichholzschachtel gereicht, die fest..." auch irgendwie etwas holprig klingt.
Naja, ist ja auch egal, ist ja nur 1 Satz ^^

Nur wieso sitzt die Frau eigtl. in einem Hochsicherheitsgefängnis?
Ist für die Geschichte zwar nicht unbedingt wichtig aber man fragt sich "Wo ist sie?" und wird am Schluss aufgeklärt, gleichzeitig wirft sich aber dabei die Frage nach dem "Warum?" auf, die unbeantwortet zurückbleibt so dass die Kurzgeschi für mich nicht ganz geschlossen endet.
Hab ich irgendwo ein Hinweis verpasst/übersehen? smile
Wenn nicht könnte man vll. noch irgendwo andeuten, was der Grund für ihren Aufenthalt dort ist.

__________________
Schaut doch mal in unserem Thread vorbei smile
06.03.2010 11:49 Pferdchen23 ist offline E-Mail an Pferdchen23 senden Homepage von Pferdchen23 Beiträge von Pferdchen23 suchen Nehmen Sie Pferdchen23 in Ihre Freundesliste auf
_Fusselchen_ _Fusselchen_ ist weiblich
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danke :-) ich geb dir völlig recht mit dem nebensatz, der passt nicht wirklich uns ist eiegntl deswegen (nachträglich) entstanden weil ich etwas brauchte, wo diese Botschaft vom Vater draufsteht...ich mach mir morgen noch mal Gedanken drüber.

Stimmt auch, dass nicht wirklich raus kommt warum sie im Gefängnis sitzt. Ich dachte es mir beim Schreiben so, dass sie wegen dem Mord an ihrer Mutter sitzt. Das habe ich glaub ich auch erwähnt aber nur in einem Satz, dass ihr Vater ihr nicht verzeihen kann, dass sie seine Frau ermordet hat. Ob sies wirklich getan hat oder unschuldig sitzt, dass kann jeder für sich selber entscheiden Augenzwinkern
07.03.2010 00:13 _Fusselchen_ ist offline E-Mail an _Fusselchen_ senden Beiträge von _Fusselchen_ suchen Nehmen Sie _Fusselchen_ in Ihre Freundesliste auf
Totoh Totoh ist weiblich
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Danke erstmal für deine Bewertung großes Grinsen

Ich kann mich meinen Vorrednern ebenfalls nur anschließen smile

Aber tolle geschichte smile

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09.03.2010 18:40 Totoh ist offline E-Mail an Totoh senden Beiträge von Totoh suchen Nehmen Sie Totoh in Ihre Freundesliste auf
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ich muss den threat jetzt noch mal vorkramen. ich überlege mir nämlich seit einigen Tagen, wie ich die GEschichte nennen könnte. "Alleingelassen" mag mir nämlich nicht wirklich zusagen. Drum dachte ich, hat vielleicht jemand von euch eine passende Idee für einen Titel? WÄr lieb wenn ihr mir helfen könntet Augenzwinkern
18.04.2010 15:25 _Fusselchen_ ist offline E-Mail an _Fusselchen_ senden Beiträge von _Fusselchen_ suchen Nehmen Sie _Fusselchen_ in Ihre Freundesliste auf
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