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Geschrieben von Puella am 08.08.2008 um 18:44:

  "Und sie lachen doch" [Kurzgeschichte]

Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll.
Der Gedanke ist mir eben eingefallen, aber mit der Umsetzung
bin ich nicht ganz zufrieden. Mich würde interessieren, was
ihr davon haltet.

"Und sie lachen doch"

Der Himmel ist grau. Regen prasselt auf die Dächer der Garagen nieder, in stetiger, monotoner Gestalt.
Die Tropfen schlagen auf dem grauen Asphalt auf und jeder einzelne zerspringt in aberhunderte kleine
Kristalle. Der dichte Vorhang aus nieselnden Bindfäden ist zugezogen und kein einziger Lichtstrahl ist
dort, um ihn mit seinen kleinen zerbrechlichen Händen wieder aufziehen zu können. Langsam sammeln
sich kleine Rinnsaale, die sich einen Weg bahnend zu großen Wassermassen zusammenfügen.
Dort bleiben sie und mit ihren großen Mäulern scheinen sie die Bindfäden vom Himmel zu essen.
Die Tropen fallen in sie hinein, zerbersten und waren verschwunden.

Das Mädchen, das vor der offenen Verandatür sitzt, sieht mit großen Augen in den Himmel. Den Kopf in den Nacken gelegt versucht sie die kleinen Regentropfen zu zählen, die auf ihrer nackten Haut aufkommen. Von Zeit zu Zeit schüttelt das Mädchen ärgerlich den Kopf, pustet schnaufend in die kalte Luft und beginnt dann von neuem starr in das Himmelszelt über ihr zu sehen.
"Bialha, was tust du denn da?" Ein Mann, großgewachsen, kommt mit schnellen Schritten heran. Er bemüht sich nicht in die großen Wasserlachen zu treten, die sich mittlerweile im gesamten Raum ausgebreitet hatten. "Kind, mach doch die Türe zu, siehst du denn nicht das es regnet?"
"Aber nein Papa, pscht", das Mädchen dreht ihren kleinen Kopf nach hinten, wobei die schwarzen Locken auf ihre zierlichen Schultern fallen. Ein einzelner Regentropfen perlt von ihrer Nasenspitze ab. "Siehst du denn nicht?" "Aber natürlich sehe ich, draußen schüttet es in Strömen, unser Haus gleicht einem Wildwasserparadies und du holst dir den Tod, wenn du nicht gleich aus diesen nassen Kleidern kommst." Verständnislos tritt der Vater neben seine kleine Tochter.
"Aber nein, Papa, es regnet doch nicht." Entrüstet verschrenkt das Mädchen ihre dünnen Ärmchen vor ihrer Brust und starrt noch immer unverhohlen in den kühlen Sommerhimmel. "Weißt du denn nicht?"
"Was, was denn, um Himmels Willen?" Die braunen Augen blicken zu dem Vater auf. "Es sind die Engel", flüsterte das Mädchen, leise hinter verborgener Hand. "Ja, aber sie weinen, nicht wahr? Das ist zu traurig, lass uns die Türe schließen." "Aber nein, Papa. Sie weinen doch nicht. Sie lachen."
Ungläubig sieht der Mann auf seine kleine Tochter. Ihre Augen glänzen.
"Kind, das ist doch..." "Nein, sie lachen. Da oben, da wo wir nicht hinkönnen. Weißt du nicht mehr?
Als Mami doch so müde war, und einfach nicht mehr aufstehen wollte. Da, als sie liegenblieb und so fest schlief, dass ich sie noch nicht einmal wach kitzeln konnte?" Vorsichtig setzt der Mann sich neben das Mädchen, die Sicht vor seinen Augen ist verschwommen. Lange schon hatten sie nicht mehr über den Tod seiner Frau gesprochen.
"Sie sah aus wie ein Engel. Und du hast gesagst, weißt du denn nicht mehr?"
"Aber ja, sie ist ein Engel. Ich weiß doch Bialha. Ich habe gesagt, sie hatte einen solch schönen Traum, dass sie einfach nicht mehr aufwachen möchte. Dass sie nun ganz weit oben wohnt, wo wir sie nicht besuchen können. Ich weiß..."
"Und jetzt lachen sie, kannst du sie hören?" Der Vater versucht zu lauschen, doch so sehr er sich auch anstrengt er kann nichts hören. "Bialha, ich.." "Nein, du kannst sie nicht hören. Du Dummerchen." Ein leises Kichern entweicht der Kehle des kleinen Mädchens und tadelnd sieht sie zu ihrem Vater. "Es ist doch viel zu weit weg. Schau da -" und sie streckte sich, soweit es eben die Körpergröße eines sechsjährigen Kindes zuließ, und deutete weit über sich in den wolkenverhangenen Himmel. "Da oben. Aber ich weiß dass sie lachen." "Wie kannst du es denn wissen?" "Du hast gesagt, Mama lacht hell und klar. Du hast gesagt, wenn sie lacht, kann es noch so dunkel sein, und trotzdem geht die Sonne auf. Du hast gesagt, wenn sie lacht, erscheint irgendwo ein kleiner Kristall, und auch wenn man ihn nicht gleich findet, weiß man dass er da ist." Schlucken. Stille.
"Ja, Kind, das habe ich gesagt."
"Na dann schau." Wieder hob das Mädchen ihren Kopf und sah auf die kleinen Regentropfen. "Da sind doch ganz viele Kristalle. Und da ist so ein Licht, das sich in ihnen spiegelt, ist das die Sonne, Papa?" "Vielleicht" Nach wenigen Minuten fügt das Mädchen hinzu. "Aber da sind ja so viele. Mami hat bestimmt gerade einen Lachanfall."
"Bestimmt." Der Mann neigt seinen Kopf gen Boden. Eine Träne stiehlt sich ihren Weg über seinen Augenwinkel, rinnt über seine Wange, tropft auf das Pflasterstein und wird eins mit den Kristallen des Regens.
"Aber, Papa, so siehst du doch gar nichts." Mit ihrer kleinen Hand berührt sie das Gesicht ihres Vater. Er hebt den Kopf, sieht sie an. "Papa? Lachst du auch?"



Geschrieben von Wuschel am 08.08.2008 um 19:11:

  RE: "Und sie lachen doch" [Kurzgeschichte]

Wow.
Ich liebe das Ende.
Zwar denke ich, dass du den Text von wegen Formulierungen später nochmal überarbeitet solltest, aber er ist wundervoll traurig. +sfz+
Allerdings würd ich immer einen Absatz machen, wenn jemand anderes spricht, sonst kommt man so durcheinander.

Aber die Idee... wow... <3



Geschrieben von Linkenfels am 08.08.2008 um 19:47:

 

Ich finde das einfach nur wunderschön. smile



Geschrieben von Puella am 08.08.2008 um 23:41:

 

Vielen Dank smile
Ja, wie gesagt, die Formulierungen gefallen mir auch noch nicht allzu gut. Da werde ich mich vielleicht noch einmal dran setzen.



Geschrieben von Stormwind am 12.08.2008 um 23:31:

 

Die Idee finde ich sehr schoen.
Besonders das Ende ist toll.
Ansonsten sind mir ein paar Rechtschreibfehler aufgefallen, die aber m.M.n nicht wirklich das Gesamtbild und die Wirkung stoeren.



Geschrieben von Nessy09 am 13.08.2008 um 01:31:

 

Ich finde es sehr schön.
An manchen Stellen gefallen mir deine Formulierungen nicht, aber im Großen und Ganzen, ist es einer wunderschöner Text.


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