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Geschrieben von Agility-Freak am 14.06.2006 um 19:55:
Der Sturm
Heute war der Tag gekommen! Der Tag, an dem Woodstock und ich getrennte Wege gehen mussten. Der schöne Oldenburger, war vor einem Jahr in unseren Stall gekommen. Sofort hatten wir uns angefreundet und Woodstock war mir nicht mehr von der Seite gewichen. Doch schon bald hatten sich Interessenten gefunden. Und heute war es so weit - heute würden sie ihn abholen. Plötzlich klingelte mein Wecker: 7:30 Uhr. Zeit aufzustehen. Mit größter Anstrengung hievte ich mich aus dem Bett und ins Bad. Dort spritzte ich mir erst einmal kaltes Wasser ins Gesicht. Verschlafen schaute ich in den Spiegel. Da klopfte es an der Tür. Ich stöhnte, was bedeuten sollte, dass derjenige reinkommen durfte. Es war meine Mutter. Sie schaute mich mit ihrem gefühlvollen Blick an und nahm mich in den Arm. „Du schaffst das schon, meine Große! Ich habe dir doch versprochen, dass wir ihn bei seinen neuen Besitzern besuchen gehen.....Aber ich muss jetzt los! Ich wünsche dir viel Glück!“. Sanft drückte ich sie von mir weg. Durch ihr ganzes Trara, wurde ich nur noch trauriger. Dann verließ sie das Bad und ging zur Arbeit. Ich machte mich derweil weiter fertig und als ich um 8:00 Uhr in die Küche ging, um zu frühstücken, kamen mir erst mal meine beiden nervigen, kleinen Geschwister entgegen. Ich schubste sie aus dem Weg, worauf sie ziemlich erschrocken reagierten. Trotzig setzte ich mich hin und machte mir mein Müsli fertig. Als ich dieses gegessen hatte, stand ich wie traumatisiert auf und ging zur Garderobe um mich anzuziehen. Ich hatte extra meine beste Reithose und ein farblich dazu abgestimmtes Hemd angezogen. Nun schlüpfte ich in meine guten Lederreitstiefel und verließ mit ihnen das Haus. Der Stall lag nur ca. 5 Geh-Minuten von unserem Haus entfernt. Als ich dort ankam, lief mir Petra, eine Ausbilderin aufgeregt entgegen. „Da bist du ja endlich! Ich wollte dich gerade anrufen! Die Interessenten wollen schon früher kommen! Du musst Woodstock sofort fürs Vorreiten fertig machen!“. Ich schaute sie etwas perplex an, denn so aufgeregt hatte ich sie noch nie gesehen. Anscheinend lag ihr etwas daran, Woodstock zu verkaufen. Ohne eine Antwort ging ich ins Woodstocks Stall. Der Rappe wieherte mir freundlich entgegen und schaute mich hilfesuchend an. „Na, was ist denn mein Kleiner?“, fragte ich ihn. Wahrscheinlich wollte er einfach nur bewegt werden und rauskommen, aus seiner Box. Also nahm ich ihn am Strick und band ihn vor seiner Box an. Dann machte ich mich ans putzen. Ich strich ihm durch sein weiches, glänzendes Fell und kraulte ihn hinter den Ohren. Und das sollte ich ab heute nicht mehr haben? Noch immer konnte ich es mir nicht vorstellen. Fußstapfen rissen mich aus meinen Träumen. Es war Petra. Sofort tat ich so, als ob ich Woodstock putzen würde. Da er zum Glück vor dem Putzen schon fast sauber war, fiel es nicht auf, dass ich schummelte. Doch zum Glück wollte Petra nur nach ihrem Pferd sehen. Also kratzte ich Woodstock die Hufe aus und fettete sie ein. Ich kam mir vor, als würde ich gleich ein Turnier reiten. Doch leider war es nicht einmal halb so schön. Als der Rappe blitzblank geputzt war, flocht ich ihm die Mähne und den Schopf zu kleinen Knoten. Dann legte ich ihm seine weiße Turnierschabracke mit dem schönen goldenen Rand, den meine Oma gestrickt hatte, auf. Erwartungsvoll schaute er mich an und wartete anscheinend darauf, dass ich ihm die Abschwitzdecke und die Transportgamaschen anlegte. Doch stattdessen trenste und sattelte ich ihn auf. Etwas verwirrt ließ er die ganze Prozedur über sich ergehen. Schließlich legte ich ihm die weißen Bandagen an. Dann führte ich ihn auf den Hof und zum Dressurviereck. Und da sah ich sie auch schon: Die neuen Besitzer Woodstocks! Mit gesenktem Blick führte ich meinen Schützling an ihnen vorbei. Misstrauisch schauten sie mir hinterher. Ich denke, dass Woodstock und ich ein gutes Bild abgaben: Ich in meiner weißen Reithose und der weißen Turnierbluse und Woodstock in weißen Bandagen und der weiß-goldenen Schabracke. Ich kam mir komisch vor, denn eigentlich wollte ich ja gar nicht, dass die Leute Woodstock kaufen. Doch unsere Stallbesitzerin hatte es mir „befohlen“. Es war wichtig, wieder ein wenig Geld in die Kasse zu bekommen. Also verkauften sie Woodstock. Aber warum nicht ein anderes Pferd? Es gab genug super ausgebildete Dressurpferde bei uns im Stall. Von den ganzen gekörten Hengsten hätten sie Fohlen bis zum es-geht-nicht-mehr bekommen. Aber es musste Woodstock sein. Mit angeschlagener Miene stellte ich mich mit Woodstock auf und gurtete nach. Die Steigbügel waren seit einem Jahr, immer auf meine Länge eingestellt, denn niemand anders wollte Woodstock reiten. Ich wusste zwar nicht warum, aber alle sagten, dass sie nicht mit ihm klar kämen. Schließlich saß ich auf und trieb Woodstock in den Schritt. Gemütlich ließ ich ihn am langen Zügel gehen. Ich fand dieses Vorreiten ziemlich lächerlich, denn schließlich hatten die Leute Woodstock ja gekauft, ohne ihn vorher einmal „live“ gesehen zu haben. Einmal hatte Petra ein Video von mir und Woodstock beim Springen gemacht und es den Interessenten geschickt. Als Woodstock sich gelockert hatte, nahm ich die Zügel auf und ritt ein paar Volten. Er ging super schön gebogen und versammelt. Auch mit meiner Haltung war ich zufrieden. Als wir uns dann ausreichend vorbereitet hatten, ließ ich Woodstock antraben. Er legte seinen „Vorbilds-Trab“ an den Tag und alle waren begeistert. Nach ein paar Runden Trab auf dem Zirkel und ein paar Bahnfiguren, galoppierte ich an. Er lief wunderschön und hatte seinen Hals schön gebogen. Eigentlich wäre ich super zufrieden mit ihm gewesen, doch ich wollte ja gar nicht, dass er so schön läuft. Ich wollte, dass er buckelt und steigt und sich von seiner schlechtesten Seite zeigt, damit die Leute ihn doch nicht kaufen. Doch das würde wahrscheinlich auch nichts an der Situation ändern. Schließlich würde dann ein anderer Käufer kommen und wer weiß, wie der mit Woodstock umgehen würde. Die jetzigen Interessenten sahen ganz in Ordnung aus. Sie schienen wenigstens Ahnung zu haben, denn sie fachsimpelten die ganze Zeit mit Petra, die ihnen alles áu Detail erzählte. Nach den drei Grundgangarten, fing ich an mit der höheren Dressur. Zuerst ließ ich Woodstock ein bisschen Schenkelweichen machen, dann versuchte ich mich an einigen Piaffen. Woodstock lief immer noch wunderschön und aufmerksam, doch merkte ich, dass er bald ans Ende seiner Kräfte kam. Die Sonne brannte auf sein schwarzes Fell und die Hitze war erdrückend. Als ich im Schritt an Petra vorbei ritt, fragte ich sie, ob ich langsam aufhören sollte, denn auch sie musste sehen, dass Woodstock genug getan hatte. Murrend bejahte sie. Ich hatte das Gefühl, dass sie und eigentlich noch springen lassen wollte, doch das war nun unmöglich. Auch die zukünftigen Käufer waren nicht begeistert, dass ich nach einer Stunde aufhören wollte, doch mir war das egal. Ich ließ Woodstock die Zügel aus der Hand kauen und stellte ihn auf. Mit einem Schwung saß ich ab und lobte meinen Kleinen ausgiebig. Schließlich ging ich Seite an Seite mit „meinem“ Pferd zurück in den Stall. Dort legte ich ihm alle Sachen ab und spritzte in im Hof den Schweiß vom Fell. Er genoss es, im Gegensatz zu manch anderen Pferden. Als ich gerade unter Woodstock kniete, um ihm den Bauch trocken zu rubbeln, hörte ich, wie sich Schritte näherten. Doch ich tat so, als hätte ich nichts gehört. Doch plötzlich hörte ich eine Stimme. „Hallo! Du bist echt toll geritten! Ich habe dich vom Auto aus beobachtet.“ Erschrocken drehte ich mich um und blickte in das Gesicht eines jungen Mädchens. Es war jünger als ich, vielleicht 13 Jahre alt. Es musste die Tochter der beiden Interessenten sein. Sie sah freundlich aus und so erwiderte ich ihre Freundlichkeit, auch wenn es mir in diesem Moment schwer fiel. „Dankeschön. Ich habe dich gar nicht bemerkt“, antwortete ich. Sie schmunzelte und schob sich an mir vorbei, um einen besseren Blick auf Woodstock zu erhaschen. Ganz eingenommen von seiner Schönheit und Elegance, erklärte sie mir:„Er ist wunderhübsch! Meinem Bruder wird er sicherlich gefallen. Wir sind in ganz Deutschland rumgereist, um das richtige Pferd für ihn zu finden.“. Etwas erstaunt fragte ich sie, warum ihr Bruder nicht mitgekommen sei, schließlich sollte es ja sein Pferd sein. Als ob es das selbstverständlichste auf der Welt wäre, antwortete sie mir:„Mein Bruder leidet unter schweren Epileptischen Anfällen, weißt du. Die kleinste Anstrengung in dieser Hitze würde ihn umbringen. Aber der Arzt hat gesagt, dass Reiten ihm helfen würde, die Anfälle zu vermindern. Ich hab das bis jetzt zwar auch noch nicht gehört, aber meine Eltern wollen es halt wenigstens mal versuchen. Und ich würde das Pferd dann halt so reiten, damit es auch mal ein bisschen bewegt wird.“ Ich war total schockiert! Hätte ich gewusst, dass Woodstock für so einen Zweck gekauft wird, wäre ich zwar traurig gewesen, aber nicht so trotzig. Der Junge tat mir Leid und ich hoffte, ihm mit meiner Ausbildung von Woodstock im letzten Jahr, etwas geholfen zu haben. Etwas umgehauen von der lässigen Aussage des Mädchens, brachte ich Woodstock in seine Box und ging zu Petra ins Büro. Dort traf ich zwar Petra aber nicht die Interessenten an. Völlig aufgelöst saß Petra auf ihrem Stuhl und tippte mit dem Kuli auf der Schreibtischunterlage herum. Ich war total verwundert und hatte keine Ahnung mehr, was hier vor sich geht. Fragend sah ich Petra an, die mir dann alles erklärte......
So, und mehr kommt, wenn euch der Anfang gefällt und die Überschrift zusagt
Geschrieben von Agility-Freak am 15.06.2006 um 11:15:
So, ich schreib jetzt einfach mal weiter, auch wenns eh keiner liest xDD
.....“Auf dem Springvideo haben die Leute gesehen, wie toll Woodstock springt. Sie waren total begeistert und wollten ihn sofort kaufen. Aber als sie gerade gesehen haben, wie toll du ihn reitest, haben sie mich gefragt, ob du ihn öfters reitest. Ich habe nur gelacht und gemeint:> Öfters? Jeden Tag reitet sie ihn! Die beiden sind unzertrennlich und verbringen jede freie Minute miteinander.< Ja und dann habe ich ihnen noch schön erzählt, wie toll Woodstock geht, seitdem du mit ihm arbeitest. Sie sind mir dann zwar noch in mein Büro gefolgt, aber dann haben sie mir erklärt, dass es bestimmt noch andere tolle Pferd in Deutschland gibt und das sie so beeindruckt von euch beiden gewesen wären und sie dir Woodstock nicht wegnehmen wollen.“. Petra war total aufgeregt und war anscheinend ziemlich schockiert über die Sache. Aber jemand, der noch schockierter war, war ich. Ich merkte, wie mir schwarze Streifen über die Augen zogen und setzte mich schnell hin. Das konnte nicht war sein! Die Leute waren so interessiert an Woodstock und jetzt, auf einmal, wollten sie ihn nicht mehr! Für mich war es, als ob ein Traum in Erfüllung ginge, aber gleichzeitig eine Welt untergeht. Denn einerseits durfte Woodstock hier bleiben, bei mir! Aber andererseits, würde bestimmt der nächste Käufer kommen und wer weiß, wer das war. Hätten diese Leute Woodstock genommen, hätte er wenigstens dem kleinen Jungen geholfen. Aber so wurde er vielleicht an irgendeinen Dressur-Junkee verkauft, der ihn bis an seine Grenzen bringen würde. Und das wollte ich weniger, als das er einem Jungen hilft, über seine Krankheit hinwegzukommen. Niedergeschlagen schaute ich Petra an und fragte sie, wie es jetzt weitergehen sollte. Sie schüttelte nur den Kopf und antwortete:„Ich weiß es nicht Nina, ich weiß es nicht! Ich denke, Frau Molten wird einen anderen Käufer für ihn suchen.“. Ja, ja, die gute, alte Stallbesitzerin. Ich konnte Frau Molten noch nie wirklich leiden. Sie war immer nur darauf bedacht, die Pferde für so viel wie möglich zu verkaufen. Und so würde sie es auch mit Woodstock machen. Doch das konnte ich nicht zulassen! Schließlich war ich diejenige, die Woodstock erst zu einem „wertvollen“ Pferd gemacht hat. Ich habe ihn ausgebildet, bis in die hohe Dressur und ins S-Springen. Ich habe ihm das Vertrauen zum Menschen wieder nahe gelegt. Ich bin ihn täglich geritten. Ich habe ihn soweit gebracht, dass man ihn problemlos im Gelände reiten kann. Ich habe mit ihm die ganzen Turniersiege erzielt. Und das konnte sie nicht einfach übersehen. Hätte ich genug Geld, würde ich Woodstock natürlich kaufen. Aber meine Eltern waren nicht die „Superverdiener“. Sie konnten zwar problemlos unsere Familie über Wasser halten, aber ein Pferd! Das würden sie nie erlauben. Aber eigentlich sollte ich mir an so etwas nicht den Kopf zerbrechen. Schließlich würde ich nun noch einige schöne Wochen mit Woodstock erleben dürfen. Und diese wollte ich ausnutzen! Etwas wankend stand ich auf und verließ Petras Büro. Zuerst wollte ich nach Hause gehen, um mich umzuziehen. Dort angekommen, war das Haus leer. Nur unsere Hovawart-Hündin Ginger kam mir schwanzwedelnd entgegengelaufen. Doch ich lief an ihr vorbei und in mein Zimmer. Dort zog ich mir erst mal meine „feinen“ Sachen aus und schmiss mich ins Badeoutfit. Noch schnell eine Boxershorts und ein Top drüber und fertig! Als ich gerade auf dem Weg nach unten war, klingelte mein Handy. Also lief ich schnell wieder hoch und ging dran. „Hi Nina! Ich bin’s, Isa! Störe ich dich?“. Isa war meine beste Freundin und sie hatte ihr Pferd auch im Stall von Woodstock stehen. „Quatsch! Was gibts?“, antwortete ich. Sie fragte mich, wie es gelaufen sei, doch ich winkte nur ab und versprach ihr, dass ich ihr später alles erzählte. Wir verabredeten uns in einer halben Stunde am Stall. Also fegte ich die Treppe runter und pfiff Ginger zu mir. Sie wusste, dass es zum Stall ging und folgte mir brav. Als ich nach 5 Minuten am Stall ankam, nahm ich Ginger an die Leine und ging zu Woodstocks Box. Sie war leer! Ich bekam einen riesigen Schock. Aufgeregt fegte ich, mit der armen Ginger an der Leine, durch den Stall und fragte alle dir mir in die Quere kamen, ob sie Woodstock gesehen hatten. Nur unsere Reitlehrerin Claudia konnte mir weiterhelfen. Sie beruhigte mich und erklärte mir, dass Petra Woodstock in den Offenstall gestellt hatte. Ich schnaufte tief durch und war erleichtert, dass nichts passiert war. Also sperrte ich Ginger in Woodstocks Box und ging mit Strick und Putzbox bewaffnet zum Offenstall. Dort sah ich schon Woodstock, wie er fröhlich graste. Als er mich sah, kam er zum Zaun angetrabt und wieherte leise. Ich begrüßte ihn mit ein paar Streicheleinheiten und fing, nachdem ich ihn auf dem Putzplatz angebunden hatte, an ihn zu putzen. Dösend ließ er die Prozedur über sich ergehen. „Hi Nina!“, hörte ich eine Stimme hinter mir. Es war Isa. Wir begrüßten uns Isa ging schnell ihr Pferd holen. Ihr gehörte eine 6-Jährige Hannoveraner-Stute. Den schönen Apfelschimmel hatte ich schon immer bewundert. Isa und ihre Stute, Fireworks, waren ein super Team. Sie räumten auf jedem Turnier ab. Und die Gangarten der Stute waren einfach nur Atemberaubend. Ich hörte schon das Hufgeklacker hinter mir und sah, wie Isa ihre Stute neben mir anband. Dann musste ich ihr erst einmal die ganze Geschichte erzählen....
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