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Geschrieben von Luthien am 14.09.2005 um 19:05:

  Pirats - Between Dream and Horror

Hab mal noch was neues angefangen und würde gerne eure Meinung dazu hören. Es ist am Anfang noch nicht gerade viel, aber wenn ihr wollt, gibt es noch mehr. Hab schon etwas voraus geschrieben.

Es ist stockfinster während ein grosses Handelsschiff im Hafen von Puerto Real einläuft. Es trägt die Flagge Portugals und wird als Freund eingestuft. Der Hafenaufseher kassiert den Preis für das Anlegen an. In der kühlen Luft der dunstigen Nacht geht die Crew von Board. Erst in einer Woche, nachdem hier alles erledigt ist, wird sie das Schiff wieder betreten um erneut in See zu stechen.
Unter den grossen, finsteren Männern ist auch ein junger Bursche, der gerade mal das Mannesalter erreicht haben dürfte. Schnell verschwindet er in den dichten, dunklen Strassen der Hafenstadt, während seine Kumpane das nächste Gasthaus aufsuchen.
Der Junge kennt die Stadt besser als seine Hosentasche. Seit acht Jahren ist er nicht mehr hier gewesen und doch erinnert er sich, als wäre es gestern gewesen. Wie ein Schatten huscht er zwischen den vertrauten Häuserfassaden hindurch dem Zentrum entgegen. Bei einem Gasthaus hält er inne. Auf einem schiefen, vermoderten Schild über dem Eingang sind für jene, welche die Kunst des Lesens beherrschen, die Worte Zum Henker zu lesen. Die Tür ist verschlossen, doch der Junge hat sie mit wenigen, schnellen Handgriffen geöffnet. Leise schleicht er hinein und stielt sich durch die Gaststube und weiter in die hinteren Schlafräume. Bei der dritten Tür links bleibt er stehen. Nachdem er einmal kurz Luft geholt hat, öffnet er auch diese. In dem Raum dahinter findet er lediglich einen Schreibtisch und ein Bett vor. Unter einer dünnen Strickdecke liegt ein grosses, schnarchendes Etwas. Leise zieht der nächtliche Störenfried ein Messer aus der Scheide und tritt an das Bett heran. Blitzschnell hält er dem Schlafenden die Hand vor den Mund, während er ihm mit der anderen das Messer an den Hals hält. Mit einem erstickten Geräusch fährt der Schlafende hoch, hält sich aber sofort still, als er das Messer am Hals spürt. Angstschweiss strömt ihm über die Stirn.
„Psst“, zischt der Nachtschatten seinem Opfer ins Ohr und nimmt die Hand von dessen Mund. Mit der nun freien Hand greift er nach einem Streichholz und zündet eine Kerze neben dem Bett an. Dann zieht er das Messer zurück und beginnt zu lachen.



Geschrieben von Jani am 14.09.2005 um 19:28:

 

Find ich sehr spannend. Ist ein bisschen wenig, um mehr darüber zu sagen. Aber den Anfang hast du sehr interessant hinbekommen, irgendwie fesselnd. Bin mal gespannt, wie es weiter geht.



Geschrieben von Luthien am 15.09.2005 um 19:22:

 

Ich stell mal etwas mehr rein, vielleicht weckt es dann etwas mehr interesse...

„Oh Mann, Enrique, was bist du auch für ein Angsthase!“, prustet er los. Enrique schaut seinen nächtlichen Besucher mit grossen Augen an.
„Raul, bist du es wirklich? Aber wie?“, stammelt er verwundert. Der junge Mann mit dem Namen Raul lässt sich aufs Bett fallen und schaut seinen alten Freund lange an. Er scheint in Gedanken versunken, als wüsste er nicht, wo er anfangen sollte.
„Ist es wahr? Bist du auf einem Piratenschiff über die Meere gesegelt, hast Schiffe der königlichen Handelsmarine gekapert, den Soldaten des Königs das Fürchten gelehrt und Frauen in jeder Stadt gehabt, in der ihr angelegt habt?“, fragt Enrique anstatt eine Antwort auf seine erste Frage abzuwarten. Raul bricht in schallendes Gelächter aus.
„Ja, es ist wahr. Ich habe die letzten acht Jahre meines Lebens auf einem Schiff verbracht, zusammen mit den berüchtigtsten Piraten der heutigen Zeit. Wir haben viel gekapert und wir haben viel gemordet. Unser Kapitän hat sich eine List nach der anderen einfallen lassen und ich habe einiges von der Welt gesehen“, erzählt Raul, nachdem er sich beruhigt hat. Wieder setzt er eine nachdenkliche Miene auf.
„Und was ist mit den Frauen?“, hackt Enrique begierig nach. Diesmal huscht lediglich ein mitleidiges Lächeln über Rauls Gesicht.
„Um Himmels Willen, Enrique, ist das denn das einzige, was dich interessiert, nachdem wir uns acht Jahre nicht mehr gesehen haben?“, fragt er seinen nun hellwachen Freund. Dieser überlegt kurz und nickt dann eifrig.
„Du hast noch vieles zu lernen. Zum Beispiel, was wirklich wichtig ist“, meint Raul kopfschüttelnd, „aber nun denn, ja, ich bin ein Pirat und ich habe mir sämtliche ihrer Sitten angewohnt um selbst akzeptiert zu werden. Denn ich kann nicht gerade sagen, dass es ein Leichtes ist, einer solchen Crew bei zu wohnen.“
„Erzähl mir davon, wie bist du zu ihnen gekommen. Jeder hier fragt sich, ob du noch am Leben bist. Die Gerüchteküche kocht, aber was man glauben soll, weiss niemand“, erklärt Enrique seinem alten Freund.
„Es ist eine lange und nicht sehr erfreuliche Geschichte, die ich jetzt nicht zu erzählen bereit bin“, weicht Raul aus, „wir liegen eine Woche in diesem Hafen vor Anker.“
„Die Jungs werden ganz aus dem Häuschen sein, wenn sie dich wieder sehen. Gleich morgen früh gehen wir zu Juan, er ist jetzt Waffenschmied und …“, schwafelt Enrique los doch Raul würgt ihn ab, in dem er ihm sein Messer wieder an den Hals setzt und ihn an die Wand drückt.
„Niemand darf wissen, dass ich hier bin. Du darfst niemandem davon erzählen.“, zischt Raul seinem Freund ins Ohr. Dieser nickt eifrig.
„Willst du dich hier verstecken?“, fragt er mit zittriger Stimme.
„Lebt sie noch immer hier?“, fragt Raul anstatt auf die Frage zu antworten und sein Blick wird leicht verschleiert.
„Oh nein, Raul, das darf doch nicht wahr sein! Du hängst doch nicht immer noch an ihr? Es ist acht Jahre her, seit du sie das letzte Mal gesehen hast“, stöhnt Enrique gequält, nachdem ihm aufgegangen ist, was sein Freund meint.
„Enrique, ich kann sie nicht vergessen. Sie ist so wunderschön. Sag, lebt sie noch hier?“, schwärmt Raul dem entnervten Gastgeber vor.
„Raul, seit deiner Abreise hat sich nichts verändert. Sophia lebt noch immer hier und noch immer ist sie das schönste Mädchen weit und breit“, erzählt Enrique kopfschüttelnd, „aber es hat sich auch nichts an der Tatsache geändert, dass du ein nichtsnutziger Dieb bist, während sie die Tochter eines hochrangigen Offiziers ist. Wahrscheinlich kennt sie noch nicht einmal deinen Namen.“
„Wahrscheinlich. Aber was spielt es für eine Rolle? Ich kenn den ihren. Sophia Paloma Costalez“, haucht Raul verträumt, „geht sie noch immer zu Beginn der Woche auf den Markt?“
„Sagte ich nicht, es habe sich hier nichts verändert? Und du anscheinend auch nicht, du Riesentrottel“, seufzt Enrique nun wieder schläfrig, „schnapp dir ein Kissen und eine Decke und lass mich bis Sonnenaufgang in Frieden.“



Geschrieben von HafiGirl am 16.09.2005 um 14:49:

 

hmmm...ja, das könnte was werden...schreib auf jeden Fall weiter!



Geschrieben von Luthien am 16.09.2005 um 21:55:

 

Na wenigstens eine Person!
ist halt ne liebesgeschichte (Jawol, und das von mir!) Bin noch nicht so geübt dabei...


„Señorita Costalez, sind Sie bereit? Die Kutsche wartet schon.“
„Wir können gehen, Juanita“, antwortet Sophia gleichmütig und geht ihrer Magd voraus aus der grossen Eingangstür. Auf dem Weg unmittelbar davor steht die Kutsche bereit, die Sophia ohne zu zögern besteigt.
„Was wünschen Sie heute zu kaufen?“, fragt die Magd, die hinter ihr in den offenen Zweispanner gestiegen ist und sich nun gegenüber ihrer Herrin niederlässt.
„Stoff. Am Ende der Woche ist der Maskenball und ich habe vor, mir mein Kleid selbst zu schneidern. Die Pläne liegen bereit, ich brauche nur noch das nötige Material“, erwidert Sophia kühl und blickt auf die Strasse.
„Brauchen Sie Hilfe, bei der Wahl des Stoffes?“, fragt Juanita schüchtern nach.
„Nein, ich werde es auch alleine schaffen. Mach du deine eigenen Besorgungen. Wir treffen uns zur gewohnten Zeit wieder am Wagen“, weist Sophia ab und ignoriert die Magd erneut. Diese entschuldigt sich nervös für ihr aufdringliches Verhalten.
„Juanita, sei nicht albern. Du weisst, dass du von mir nichts zu befürchten hast. Ich wollte auch nicht unfreundlich sein. Es ist nur so, dass ich meine Besorgungen immer alleine tue. Es gibt nicht viel andere Dinge, die in meiner Hand liegen“, beruhigt Sophia das noch junge Dienstmädchen.
„Aber sie lassen Euch doch die Wahl eures Ehegatten. Das ist Euer Werk der Überzeugung“, gibt Juanita zu bedenken.
„Ach Juanita, wie wenig du doch verstehst. Meine ehrenwerten Eltern lassen mir Zeit bis zum Ende dieses Monates. Und natürlich werde ich einen mir gleichrangigen Ehemann aussuchen müssen. Ich bin nicht so frei, wie du zu glauben scheinst“, seufzt Sophia betreten. Ein Moment herrscht Schweigen zwischen den beiden jungen Frauen. Sophia mustert die Dienerin eingehend. Sie sitzt mit gesenktem Blick und in minderer Kleidung vor ihr. Demütig und gehorsam. Dabei ist sie kaum jünger als sie selbst und auch nicht sehr hässlich, nur die Geburt trennt die Welten der beiden angehenden Frauen.
„Du fragst mich gar nicht, ob es denn einen gibt, den ich mir aussuchen werde“, stellt Sophia fest. Juanita hebt schüchtern den Blick.
„Es steht mir nicht zu, das zu fragen“, stammelt sie verlegen.
„Juanita, ich habe dich zu meiner persönlichen Dienstmagd gemacht, damit ich eine Vertraute habe. Jemanden, mit dem ich reden kann. Ich wünsche, dass du solche Fragen stellst, sonst wird es uns nie gelingen, uns anzufreunden“, seufzt Sophia traurig. Juanita sieht sie mit grossen Augen an.
„Wenn ich es mir erlauben darf zu sagen, ihr solltet euch besser Vertraute in eurem Rang suchen. Ich bin ungeeignet für eine solche Aufgabe“, antwortet sie schliesslich mit piepsender Stimme.
„Nein, Juanita, du bist ausgezeichnet für diese Aufgabe geeignet. Ist es nicht schön, einmal die Welt eines anderen kennen zu lernen? Ich möchte, dass wir Freundinnen werden, solche, die über alles sprechen können und die einander gegenseitig achten“, erklärt Sophia lächelnd.
„Ich achte Euch doch, Señorita!“, ruft Juanita erschrocken aus und fährt dann gleich wieder zusammen.
„Natürlich tust du das, nur viel zu sehr. Frage mich, was immer dir beliebt und sage, wenn ich mich nicht richtig verhalte. Bitte Juanita, sei meine Freundin“, bettelt Sophia mit flehender Stimme. Juanita lächelt unterdrückt.
„Ich will es versuchen“, meint sie schliesslich. Sophia blickt wieder auf die Strasse, Schweigen herrscht zwischen den beiden jungen Frauen.
„Frag mich“, sagt Sophia plötzlich. Juanita schaut verwirrt auf.
„Na los, frag mich die Frage nach meiner Wahl.“
„Wie Sie meinen. Haben Sie denn schon eine Wahl getroffen?“
„Nein“
„Haben Sie jemanden, den Sie, nun ja, in die engere Wahl nehmen?“
Sophia lacht schallend auf, was Juanita völlig aus der Fassung bringt.
„Habe ich etwas Falsches gesagt?“
„Nein, schon in Ordnung“, lacht Sophia und wischt sich eine Träne aus den Augenwinkeln.
„Zu deiner Frage. Die Antwort lautet nein. Ich kann sie alle nicht ausstehen. Diese eingebildeten, reichen Säcke. Aber es gäbe durchaus einen. Du wirst mich für verrückt halten. Aber nun gut, ich werde es dir erzählen, obwohl ich mich noch niemandem zuvor in dieser Sache anvertraut habe. Vor einigen Jahren habe ich auf dem Markt einmal einen Jungen gesehen. Er war so dünn für seine Grösse, hatte breite Schultern, dunkle, verfilzte Haare und trug nur Lumpen am Leib. Aber er hatte diese wilden, braunen Augen. Sie waren voller Feuer und Mut. Seit ich ihn damals, vor zehn Jahren gesehen habe, bin ich immer zu Beginn der Woche auf den Markt gegangen, in der Hoffnung ihn wieder zu sehen. Und das tat ich. Zwei Jahre lang, habe ich ihn jede Woche erblickt. Er sass immer zwischen den Olivenkörben von Ricardo dem Händler und kaum hatte ich ihn erblickt, war er auch schon wieder weg“, erzählt Sophia verträumt.
„Und das ist der Grund, wieso Ihr diese allwöchentlichen Ausflüge tut und niemanden dabei haben wollt? Nur dass Ihr ihn jeden Tag sehen könnt?“, fragt Juanita lächelnd, „ach ist das romantisch.“ Sophias Mine wird plötzlich traurig.
„Seit acht Jahren habe ich ihn nicht mehr gesehen. Vielleicht ist er tot, vielleicht ist er nur weg von hier oder ist im Verlies eingesperrt. Ich weiss es nicht. Tatsache ist, dass er plötzlich einfach nicht mehr da war“, erzählt Sophia bedrückt, „aber ich gehe weiterhin jede Woche zum Markt. Irgendwie habe ich noch immer die Hoffnung, dass er eines Tages wieder kommt.“
Die jungen Frauen sagen nichts mehr. Nur durch dieses eine Gespräch sind sie sich näher gekommen, als sie es je hätten sein können.



Geschrieben von *Schnuggi* am 17.09.2005 um 10:50:

 

Ich finde, du machst das ganz gut. Deine andere finde ich zwar besser, aber ist nicht übel. Ich finds voll süss. schreib bitte weiter!



Geschrieben von Arwen am 17.09.2005 um 10:58:

 

Ich finde die besser Augenzwinkern Ihc liebe so Geschichten. Du musst unbedingt weitermachen lol



Geschrieben von Jani am 17.09.2005 um 12:46:

 

Ja, muss sagen, das gefällt mir, schreibsel schön weiter! Freu mich jedenfalls auf mehr von dir!



Geschrieben von Luthien am 17.09.2005 um 12:53:

 

Freut mich, dass es gefällt. Dann kommt hier noch der Rest, den ich habe. Weiss nciht genau, wann ich dazu komme weiter zu schreiben...

„Du sagtest doch, dass keiner wissen darf, dass du wieder hier bist“, wispert Enrique hinter seinem Fass hervor. Raul sitzt dicht neben ihm.
„Es wird es auch niemand wissen. Wer soll mich schon so erkennen?“, flüstert dieser zurück. Er hat sich in alte Lumpen gekleidet und einen Hut tief ins Gesicht gezogen.
„Du siehst aus wie früher“, meint Enrique etwas lauter.
„Tu ich nicht. Ich bin erwachsen geworden, habe Haare im Gesicht und einen Hut“, widerspricht Raul energisch.
„Du bist noch immer der gleiche kindische Idiot geblieben der du immer warst. Und dieser Dreitagebart wird dir auch nichts nützen“, zischt Enrique.
„Vergiss den Hut nicht“, giftet Raul leise.
„Lass diesen blöden Hut sein. Du würdest ihn besser ausziehen. Deine Haare sind so verfilzt und fettig, dass sie dir leicht als Hut dienen können“, murmelt Enrique was ihm einen bösen Blick seines Freundes einhandelt.
„Bleib hier oder geh nach Hause. Ich muss mich zwischen den Olivenkörben verstecken, wo ich immer gesessen habe um sie zu sehen“, sagt Raul und steht auf. Noch bevor sein Freund widersprechen kann ist er auch schon davon gehuscht.
„Elender Narr und Träumer“, murrt dieser und macht sich auf den Heimweg.

Raul aber versteckt sich zwischen den Olivenkörben, wie er es schon vor acht Jahren immer getan hat und wartet. Erst nachdem er vier Stunden dort gesessen ist und ihm sein Hinterteil einzuschlafen droht, steht er auf.
„Womöglich habe ich sie verpasst“, murmelt er und tritt ohne sich um zu sehen auf die Strasse. Unwillkürlich prallt er mit jemandem zusammen und kann sich knapp auf den Füssen halten. Erschrocken dreht er sich um und sein Herz scheint einen Schlag auszusetzen. Auf dem Boden vor ihm sitzt eine junge Frau mit gleichmässig gebräunter Haut und schwarzen, grossen Locken. Ihre grünen Augen erinnern ihn an den Ozean, den er so viele Jahre befahren hat. So unergründlich, unbändig und wunderschön. Auf der Stelle rast sein Herz mit doppelter Geschwindigkeit fort.
„Sophia? Es… es tut mir leid“, stammelt er schnell und hilft der jungen Frau auf die Füsse.
„Du bist wieder hier?“, fragt diese verblüfft und schaut ihn fassungslos an.
Raul weiss nicht mehr wo ihm der Kopf steht. Was weiter? Einer plötzlichen Eingabe folgend dreht er sich auf dem Stiefelabsatz um und läuft in die Menge davon.
„Warte, lauf nicht weg! Sag mir deinen Namen“, ruft Sophia ihm hinterher, doch er ist schon in der Menge verschwunden. Sophia bleibt umringt von schaulustigen Passanten zurück.

„Ich muss sie wieder sehen, Enrique, ich muss einfach“, bekräftigt Raul sein Vorhaben.
„Verrückt, du bist vollkommen verrückt. Die Liebe muss dich nicht nur blind, sondern auch taub gemacht haben. Es ist unmöglich, dass sie dich wieder erkannt hat, glaub mir, Junge, du hast geträumt“, beharrt dieser.
„Nein, sie hat es gesagt. Sie hat mich angesehen und gesagt, ich sei wieder da. Sie hat sich gefreut, ich weiss es. Und ausserdem warst du es, der gesagt hat, ich sehe aus wie früher“, wiederholt Raul.
„Du bist verrückt.“
„Ich werde sie wieder sehen und ich weiss auch schon wie.“
„Verrückt!“
„Jetzt lass doch mal dieses negative Getue beiseite. Du musst mir helfen. Ich brauche ein Musikinstrument“, wehrt Raul ab und setzt sich auf.
„Verrückt, du bist vollkommen verrückt“, wiederholt Enrique.
„Du sollst das lassen!“, ruft Raul laut. Einen Moment später hält er sein Messer an den Hals seines Freundes.
„Hilfst du mir jetzt?“, fragt er gereizt. Enrique nickt eifrig, woraufhin er das Messer zurückzieht.
„Das Piratenleben hat dich ziemlich abgehärtet. Früher hättest du deinen Freunden kein Haar gekrümmt“, murmelt Enrique verächtlich und bewegt seinen massigen Leib nach draussen. Raul bleibt wortlos zurück.



Geschrieben von Arwen am 17.09.2005 um 13:36:

 

Ui! Is der brutal *gg* Gefällt mir! *lach* Ich hoff, du kommst bald ans weiterschreiben!



Geschrieben von *Bill*Tokio_Girl am 17.09.2005 um 13:38:

 

joar..nicht schlecht..lol
etwas hart der typ...lol



Geschrieben von Luthien am 17.09.2005 um 15:24:

 

Is ja auch ein Pirat... großes Grinsen

Vielleicht kommt erst nächste Woche mehr davon. Mal schaun



Geschrieben von Arwen am 23.09.2005 um 19:17:

 

Luthien! Ich warte sehnsüchtigst auf eine Fortsetzung!!! traurig



Geschrieben von Luthien am 24.09.2005 um 16:14:

 

Tschuldigung, aber mir fällt es gerade net besonders leicht... Irgendwie ist wie eine Barriere in meinem Kopf, deshalb komme ich auch bei meinen anderen Sachen net weiter. Das ist soooo fürchterlich! Aber was solls, ich werd mich jetzt mal ein wenig dran setzen.



Geschrieben von Arwen am 24.09.2005 um 16:40:

 

Cool freu mich schon! Du hast mich übrigens inspiriert Luthien Augenzwinkern Ich schreibe jetzt auch gerade an einer Piratengeschichte....



Geschrieben von Luthien am 24.09.2005 um 17:34:

 

Hier ein kleiner Teil. Ziemlich schräg und nicht gerade gut. Jetzt habt ihr mal was zum auseinander nehmen! großes Grinsen

Hat sein Freund vielleicht Recht? Hat er sich wirklich so viel verändert, seit er vor acht Jahren hier gewesen ist? Wahrscheinlich schon, aber wer kann es ihm verübeln? Fast die Hälfte seines Lebens hat er auf einem Schiff mit einer Crew aus brutalen Piraten verbracht. Wieder und wieder denkt Raul an sein Leben vor diesem bestimmten Tag vor acht Jahren, wie er damals gelebt oder besser dahin vegetiert hat. Hat es sich gelohnt? Als wäre es gestern gewesen, erscheinen die Bilder in Rauls Kopf, vor seinem inneren Auge.
Die belebte Strasse, voll von adeligen Leuten, zu denen er niemals gehört hat. Händler preisen ihre Wahre an, Mägde suchen das beste Stück fleisch oder den schönsten Apfel für ihre Hausherren. Noch nicht einmal auf deren Stand war Raul jemals gewesen. Seit er sich erinnern kann, hatte er niemals einen Vater. Und seine Mutter Constanze hatte niemals über ihn gesprochen. Zusammen mit ihr hatte er in einer schäbigen Hütte im Armenviertel der Stadt gelebt. Constanze hat von Morgens bis Abends geschuftet um sie beide durchzubringen. Raul hatte mit angesehen, wie sie immer schwächer und kranker geworden ist. Und er hatte nichts tun können. Schliesslich ist sie gestorben, als Raul gerade sechs Jahre alt gewesen ist. Er hat sich durch betteln und stehlen am Leben gehalten, mehr schlecht als recht. Er hat Freunde gefunden, keine reichen, keine schönen, aber treue. Es waren die Söhne von Wirten, Hufschmieden, Gaunern und Bäckern. Hier und dort liessen sie ihm etwas zukommen, kümmerten sich etwas um ihn, aber in der Regel verzichtete Raul auf Almosen. Er kam sich dabei schäbig und entwürdigt vor. Es war eigentlich schon ein Wunder, dass er mit so jungen Jahren, so lange alleine überlebt hatte. Und dann hat er das Mädchen getroffen. Es war ein heisser Tag gewesen und Raul hat sich einen Schattenplatz für die Siesta gesucht. Und da war sie plötzlich. Ein kleines Mädchen, nicht älter als er selbst, die erhobenen Hauptes über den Markt spaziert war. Seine Freunde haben ihn für verrückt erklärt, denn sie war keine andere als die Tochter des ersten Offiziers. Zwei Jahre hat er sie immer wieder gesehen, sie aber kein einziges Mal angesprochen, nie hatte er den Mut dazu aufbringen können.
Dann war der Tag gekommen, der Rauls Leben für immer ändern sollte. Es war ein heisser Sommertag und Raul hielt sich gerade am Hafen auf. Er hatte doch nur Hunger gehabt, wollte doch nur etwas Geld erbeuten um seinen Magen zu füllen. Warum hatte er gerade dieses Schiff wählen müssen?
„Raul“, reisst ihn eine Stimme aus seinen Gedanken, „hör auf zu träumen.“
„Sind wir schon da?“, fragt dieser verwirrt.
„Bist du dir sicher, dass du das tun willst?“, fragt Enrique zögerlich.
„Wieso sollte ich es nicht tun? Was kann schon passieren?“, fragt Raul aufmüpfig.
„Nun, als erstes könntest du dich zum Affen machen. Schau dich doch nur an!“, weiss Enrique aufzuzählen. Raul schaut verwirrt an sich runter. Er trägt feine Kleidung, wie es sich in einem feinen Haus gehören würde. Die Enge Kluft gibt seine kräftigen Muskeln preis. Auf seinem Kopf trohnt ein Hut, mit einer albernen Feder.
„Dazu könntest du vom Grundstück geworfen werden oder eingesperrt im Gefängnis“, fährt Enrique fort.
„Ich werde sicherlich nicht der erste sein, der Sophia eine musikalische Liebeserklärung machen wird“, entgegnet Raul und übergeht die vorherige Bemerkung.
„Aber du bist absolut unmusikalisch. Du kannst nicht singen, es hört sich an, als würde eine Katze ertränkt oder ein Hund geschlagen werden“, widerspricht Enrique.
„Na und wenn schon!“



Geschrieben von Arwen am 24.09.2005 um 18:10:

 

Schräg? Ich find den voll cool! Ich liebe es, wenn so Rückblicke dran kommen!° Augenzwinkern Echt mega!



Geschrieben von Dawn am 25.09.2005 um 11:27:

 

Gefällt mir auch sehr gut... Freue mich auf eine Fortsetzung Augenzwinkern



Geschrieben von Luthien am 06.10.2005 um 15:56:

 

Hab mal etwas an der Piratengeschichte weiter geschrieben. Vielleicht hat ja jemand interesse daran. würd mich über viel konstruktive Kritik freuen!

„Verrückt, vollkommen verrückt bist du“, murmelt Enrique vor sich hin. Raul wirft ihm einen wütenden Blick zu und hüpft leichtfüssig aus dem Karren vor dem ein alter Esel gespannt ist. „Warte nicht auf mich, ich finde den Weg schon.“ Enrique schüttelt den Kopf, treibt aber seinen Esel an und rumpelt die schlecht Strasse in die Stadt hinab davon. Noch eine ganze Weile hört Raul seinen Freund immer wieder das Wort „verrückt“ vor sich hermurmeln. Nachdem der junge Pirat ein letztes Mal sein Gewand zurechtgezupft hat, schultert er seine Gitarre und schlurft auf das grosse Anwesen vor ihm zu. Mit geübtem Blick prüft er die Umgebung und findet schliesslich einen Durchlass in der Hecke des Hinterhofes. Als er leise durchgeschlüpft ist, erkennt er unter einem geöffneten Fenster einen jungen Mann mit einer Flöte, der eine liebliche Melodie spielt. Am Fenster schliesslich erblickt Raul das Objekt seiner Begierde. Sophia sitzt am offenen Fenster und spielt gelangweilt mit ihren Haaren. Der junge Verehrer unter dem Fenster scheint es nicht zu bemerken, spielt nur weiter seine langweilige Melodie.
„Das arme Mädchen“, murmelt Raul für sich selbst und tritt mit einem lauten Räuspern auf den Platz neben den Flötenspieler. Sofort bricht die Musik ab. Der Flötist schaut seinen plötzlich erschienenen Nebenbuhler skeptisch an.
„Wer bist du“, will er gleich darauf wissen. Raul schaut ihn mit bedauernder Miene an. „Ist das denn wirklich so wichtig?“, fragt er schwermütig. Der Flötist bleibt weiter skeptisch, steht jetzt auf, um den Störenfried zu beeindrucken, was allerdings ein Schuss in den Ofen war. Raul ist um einen halben Kopf grösser als er und sieht um einiges kräftiger und gefährlicher aus, trotz seiner albernen Kleidung.
„Wer bist du?“, fragt der Flötist noch einmal. Raul schüttelt mitleidig den Kopf. „Ich bin derjenige der die Señorita von der fürchterlichen Qual deines langweiligen Flötenspiels befreien wird.“ Bei diesen Worten blickt Raul kurz zum Fenster hoch und zwinkert der überraschen Sophia kurz zu, die sich nun weit aus dem Fenster beugt um zu sehen, was unten vor sich geht. Der Flötist scheint nun wirklich verärgert und beginnt Raul anzuschreien: „Verschwinde gefälligst von hier, du kannst ein anderes Mal kommen. Heute war ich zuerst da!“ Raul schüttelt träge den Kopf, macht einen Schritt zurück und streckt dem Flötenspieler die Zunge raus. Dieser zögert nicht lange und stürmt sogleich auf Raul ein um ihm gehörig eins aufs Maul zu geben. Mit einem flinken Sprung ist Raul aus der Bahn und landet in seinem Vorteil selbst einen Treffer. Sofort ist ein hitziges Handgemenge ausgebrochen, bei dem Raul eindeutig die Oberhand gewinnt. Schliesslich muss der Flötenspieler abziehen. Sein Instrument lässt er bei seinem eiligen Rückzug liegen. Sophia beugt sich inzwischen weit aus dem Fenster, damit sie den Schläger besser sehen kann, der soeben ihre Abendunterhaltung vertrieben hat. Gerade in dem Moment als Raul unter ihr steht und zu ihr hoch blickt, verliert Sophia das Gleichgewicht und fällt. Blitzschnell fängt der junge Pirat die fallende Sophia auf. Eine Weile hält er sie im Arm und die beiden schauen sich tief in die Augen. Raul kommt es vor, als wäre eine Ewigkeit vergangen, bis sie endlich spricht. „Du bist der Junge aus den Oliven.“ Rauls Mund verzieht sich zu einem Lächeln. „Was tust du hier?“
„Ich wollte Euch sehen“, erklärt Raul noch immer lächelnd, ohne sie auf dem Boden abzusetzen.
„Wieso hast du den Flötisten verscheucht?“
„Ich sagte doch, dass ich Euch sehen wollte. Ausserdem spielte er grauenhaft.“ Endlich bringt Raul es fertig, die junge Frau abzusetzen. Sophia kichert verstohlen hinter vorgehaltener Hand und fragt schliesslich: „Spielst du mir denn jetzt etwas vor?“ Doch noch bevor Raul etwas erwidern kann, hören beide einen plötzlichen Lärm. Stimmen werden lauter und Fussgetrampel nähert sich.
„Ich fürchte dazu bleibt keine Zeit. Wachen müssen Ihren Sturz bemerkt haben und die Rauferei war wohl auch nicht gerade leise“, antwortet Raul und läuft einige Schritte davon. Dann dreht er sich noch einmal um. „Ausserdem spiele ich noch viel schlechter als der Flötist kämpft.“ Sophia lächelt breit, als sie das hört und sieht zu, wie er in die Büsche entwischt. Einer plötzlichen Eingebung folgend rennt sie ihm nach, durch das Loch in der Mitte und schaut die Strasse entlang, auf der sie ihn in die Stadt laufen sieht. „Warte!“, ruft sie, „sag mir deinen Namen!“ Einen kurzen Moment bleibt der junge Mann stehen, beugt sich hinunter auf die Strasse, richtet sich wieder auf und läuft davon.
Mit nackten Füssen rennt Sophia zu der Stelle, wo sie ihn das letzte Mal gesehen hat. Dort, mitten auf der Strasse, liegt eine rote Rose.



Geschrieben von Arwen am 06.10.2005 um 18:34:

 

Och wie romantisch! Du schreibst echt unglaublich mitreißend! Aber kann man es eigentlich als Handgemenge bezeichnen, wenn zwei Leute kämpfen? Naja...Augenzwinkern Ich würd mich freuen wenn wieder eine Fortsetzung kommt, die Story gefällt mir echt seeeehr gut!


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