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Geschrieben von theroorback am 10.11.2009 um 02:01:

  Unglaubliche Geschichte! Mit Widmung für Elsüüü

Dieses Jahr hatte es in sich. Ein guter Freund und bekennender Aquaristiker, der jeden Tag drei bis vier Stunden für sein zweifelhaftes Hobby opferte, ertrank nach den heftigen Regenfällen Ende Juli in seinem Zuchtkeller. Als nämlich Wasser drohte "sein kleines Reich" zu fluten, die lebensnotwendige Technik zu vernichten und er mit Eimer und Pumpe bewaffnet nicht länger in der Lage war, dem nassen Todbringer standzuhalten, beschloss er sein Schicksal mit den liebgewonnen Garnelen und Panzerwelsen zu teilen, verriegelte die Kellertüren und schlug die Aquarienscheiben ein, damit die Überflutung rascher voranschreiten möge.
Noch heute schmerzt der Gedanke an ihn, aber die Zeit heilt alle Wunden, aber mithin auch die Möglichkeit durch sie gleichsam anatomisch in sich selbst zu schauen. Zum Glück bewahrt mich aber die Atmosphäre textloser Ironie erzeugt von diversen Titelmelodien bekannter Fernsehserien davor, meinen Worte allzu ernst zu nehmen. Gern würde ich Sie, geneigter Leser, sollten sich dazu haben hinreißen lassen, in dieser wohlfeilen Metaphorik nur einen Hauch von Ausdruck meiner tatsächlichen Stimmungslage reflektiert zu glauben, mit einem erwähnten Panzerwels ins Gesicht schlagen. Gerne hätte ich auch eine Fußmatte mit jener Sentenz über die Wunde und die Zeit, welche sich für den törichten Betrachter im Falle von Nachdenklichkeit als Falltüre entpuppte: Alle Jämmerlichen, die über diesen abgeschmackten, kalenderspruchartigen Klotz von Seichtgründigkeit zu lange nachdächten, fielen unverzüglich in ein geheimes, für den Fall eventueller Wolkenbrüche hinreichend abgedichtetes Kellerverlies. Mit der Zeit würden sich die Idioten zu einer Menge sammeln, stapeln und bald so zahlreich sein, dass ich mein gesamtes gemähtes Gras als Futter platzsparend ersorgen könnte.
Aber was würde ich mit meiner Armee Einfaltspinsel anstellen? Ich begönne mir fortwährend den Kopf zu zermartern, wie ich Kontrolle über diese herrenlose Schar Dummköpfe, Philister, kalenderblattlesender Zombies erlangte. Ich bin freilich durchaus verlockt von so einer Vorstellung. Ein Universalmensch thront über dem folgsamen Haufen, allesamt kleinkarierte Spezialisten, wuselnde, für eine Aufgabe ausgebildete Blattschneideameisen: die einen schneiden Blattwerk, die anderen Züchten Schirmpilze, dritte halten die Korridore sauber. Vielleicht wäre unter meinen Spezialisten sogar ein Meuchelmörder, vielleicht hätte einer der Gefangenen im Keller sogar den perfekten Mord begangen: Er war im Besitz eines Tandems und dieses Faktum war wiederum wohlbekannt in seinem Heimatorte und als einer seiner Nachbarn durch unerhörtes Dauergrillen in große Missgunst gefallen war, sägte er das Tandem in Zwei und werkelte aus ihm funktionierende Einräder.
Einen Tag später fuhr er und seine pflichtbewusste Frau bis an die Zähne mit Morgensternen bewaffnet auf den Einrädern nächtens vor das Haus des besagten Nachbarn, nachdem sie ihn fernmündlich von einer Telefonzelle aus unter dem Vorwand herausgelockt hatten, ein Passant habe bemerkt, wie Jugendliche seinen Briefkasten mit Peniskunst verzierten, die ziemlich gut und deshalb ziemlich viel wert sei und am besten sofort an ein Museum verkauft werden sollte und als der Nachbar, nennen wir ihn Herr K., alsdann ahnungslos seinen Briefkasten inspizierte, umkreiste das grillfeindliche Todesehepaar ihn irritierend auf ihren Vehikeln, bis er schließlich vor Konfusion auf dem Boden liegend von ihnen kaltblüt den Schädel zertrümmert bekam. Anschließend tarnten sie die Morgensterne als unscheinbare Küchengeräte, während er aus den beweiskräftigen Einrädern wieder ein Tandem schweiste. Nie kam ihnen die Polizei auf die Schliche! Die Täter hatten ja Einräder besessen und sie, das liebenswürdige Ehepaar, seit jeher immer nur dieses Tandem, das war in der ganzen Stadt bekannt! Potzblitz! Diese gewieften Arschlöcher.
Geneigter Leser, sollte in Ihnen die drängende Frage gereift sein, wer der Autor solch wunderlicher Phantasien sei, so möchte ich nun einige Bemerkungen zu meiner Person nicht weiter zurückhalten:
Ich bin Typograph und sicher kein Universalmensch wie oben behauptet, denn ich bin ganz und gar Handwerker, verliebt in mein Metier. Gleichwohl sind meine Bemühungen und mein Schaffen hienieden gerichtet auf etwas universales. Mein hehres Ziel, es ist ungeheuerlich geschimpft, es ist als Prätention verteufelt worden, auf das ich mein ganzes Leben verwende, ist nichts Geringeres als der Entwurf und die Herstellungen eines vollkommenen Zeichensatzes, die harmonischste Abstimmung von Serifen, Punzen und Tropfen, die Proportionen nicht gesetzt nach menschlichen Einfällen, sondern abgeleitet aus dem tiefsten Weltprinzip selbst. Bewogen wurde ich durch das Schrecknis, dass Ikea seine Katalogschriftart von Futura auf Verdana verlegte. Verdana! Eine Font, die für die Darstellung von Korpustexten mit einer Schriftgröße unter 18 darzustellen! Diese Nachricht markierte einen schwarzen Tag der Typographie.
Viel Schmähung und Schande, bisweilen sich in die Seele einkerbende Zerknirschung erlitt ich auf meinem selbstgewählen Pfade zur typographen Apotheose schon, der Mutlosigkeit und Depression fiel ich nach verschleißender Anstrengung anheim. Ich suchte Trost und bereiste ferne Lande, ja, ich schickte mich gar an, und dies war mein Glück, eine Selbstfindungsreise zum Großmeister zu unternehmen. Ich nahm einen schwerlichen Aufstieg in das Dinarische Gebierge hin zu jener Eremitage in Kauf, wo ich hoffte, meinen neuen Mentor zu finden. Doch vergeblich durchwühlte ich Höhle um Höhle, alles, was ich fand, waren die Überreste verstorbener Pizzalieferanten, welche beim Versuch den faulen, doch altehrwürdigen Schriftsetzer zu beliefern, sich verliefen und alsbald, da sie sich weigerten gegen den Ehrenkodex zu verstoßen, indem sie die Pizza selbst gegessen hätten, ihre Fracht verschmähten und qualvoll zu Tode darbten.
Endlich in einer verlassenen Felsenkluft entdeckte ich an die Wände gekritzelte Schriftzeichen. Was für ein Anblickt! Ich wurde durchzittert von Hochgefühl und salbungsvolle Worte brachen aus mir heraus gleichsam wie ein Geisir aus dem Erdreich. Im Zustande größter Exaltation studierte ich die Skizzen des Meisters - wahrlich sie mussten ihren Ursprung in seiner Hand haben -, denn obzwar ich noch immer keine Spur des Genialischen hatte, war alleine die Schau dieser Lettern die fruchtbarste Anregung und zugleich der beflügelnste Anschoß zur Fortführung meiner Arbeiten.
Fürderhin verwand ich jeden Tag in meinem beschaulichen Atelier auf die Fertigstellung meiner Font, unzwar mit einem Eifer, dass ich darob oft Essen und Schlafen vergaß.
Wie dies nun alles mit dem Text in Verbindung steht?
Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, dass meine Schriftart kurz vor der Vollendung steht, wiewohl sie freilich noch nicht in jeder Hinsicht ausgereift ist und ich nun geeignete Texte benögtige, um jene in angemessener Weise in der Praxis zu erproben.
Wenn meine Schrift nun meiner Intention folgend Ihnen in diesem schnöden Korpustext ohne sich auszeichnendes Layout nicht in besonderer Weise aufgefallen ist, sondern ausschließlich das flüssige Lesen garantiert hat, so vernehme ich dies mit großem Entzücken. Der Facettenreichtum ihrer Einsetzbarkeit muss nämlich in jeder nur erdenklichen Einzelweise erforscht werden. Vielleicht wird Ihnen irgendwann abermals einer meiner Texte vorliegen, in dem ich die universale Schrift auf flamboyantere Weise eingesetzt haben werde, so dass Ihnen Glanz und Vorzüge direkter ins Auge fallen möge. Bis dereinst, mein geneigter Leser und Proband!


UPDATE !!!!!


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