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Geschrieben von Friederike am 05.01.2008 um 02:20:

  "Hallo, wie geht es mir?" | Kurzgeschichte

Hallo,
ich habe vor einiger Zeit den Film "Guten Morgen, Herr Grothe" im Fernsehn gesehen und da kam der Satz "Hallo, wie geht es mir?" drin vor, verbunden mit der Aufgabe dazu einen Aufsatz zu schreiben.
Nun, dieser kleine Denkanstoß hat mich irgendwie nicht mehr losgelassen und so habe auch ich dazu eine sehr persönliche Kurzgeschichte verfasst, in der ich so ein bisschen versucht habe meine eigenen Gedanken und Gefühle zu ordnen und zu beschreiben - was, wie ich erkennen muss, jedoch nur bedingt gelungen ist.
Es sind ziemlich viele "Sprünge" und "Brüche" vorhanden, aber ich denke gerade das spiegelt auch ein Stück weit wieder, wie wirr und bruchstückhaft meine Gedankenwelt im Moment ist und wie schwer es mir selber fällt dabei den Überblick zu behalten...
Mein größter Kritikpunkt ist das Ende, mit dem ich - wie meistens - nicht recht zufrieden bin; aber ein besseres ist mir bisher auch noch nicht eingefallen - also vielleicht wird es dann an dieser Stelle noch einmal eine Überarbeitung geben.
Anmerkung: Ich habe diese Story so in eins weggeschrieben, wie sie mir gerade in den Kopf kam und nicht großartig am Feinschliff gearbeitet.
Ich bitte um konstruktive Kritik.

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Hallo, wie geht es mir?
Mir geht es scheiße. Es ist egal, wer ich bin und wie alt ich bin, das alles hat keine Bedeutung. Ich selbst habe keine Bedeutung. Ob ich lebe oder tot bin, ob ich rede oder schweige, ob ich traurig bin oder fröhlich – das alles hat ebenfalls keine Bedeutung; weder für mich, noch für andere Menschen.
In der letzten Zeit habe ich immer häufiger das Gefühl nur zu existieren um alles falsch zu machen, depressiv zu sein und anderen auf den Geist zu gehen (was eigentlich unmöglich ist, denn die anderen bemerken mich schon gar nicht mehr – ist vielleicht auch ganz gut so). Ich sehne mich nach Aufmerksamkeit und Nähe, Liebe. Doch genauso sehr wie ich mich danach sehne verfluche ich es gleich wieder. Oft schon habe ich mir gesagt ‚Hör auf damit! Mach dich nicht selbst fertig und hör endlich auf damit alles schwarz zu sehen! Du bist wertvoll!’ Doch sobald diese Erkenntnis sich einigermaßen in meinem Kopf gefestigt hat, wird sie von selbsthasserischen Minderwertigkeits-gefühlen erstickt. Und ich weiß noch nicht einmal warum genau.
Ich kann nichts besonders gut, außer vielleicht depressiv und selbst bemitleidend zu sein. Ich sehe auch nicht gut aus und glänze weder durch überdurchschnittliche Intelligenz noch Dummheit. Nichts an mir finde ich so toll, dass es sich lohnen würde dafür weiter zu leben und nichts an mir hasse ich so sehr, dass es sich lohnen würde dafür zu sterben. Es gibt nur zwei Eigenschaften an mir, die ich schätze und das sind auch gleichzeitig die, die meine Mitmenschen an mir am meisten verabscheuen – seltsam oder?
Ich habe es satt! Jetzt gerade habe ich alles satt!
Das Reden übermüdet mich, das Schweigen strengt mich an. Ein Paradoxon reiht sich an das nächste und meine Seele läuft Amok. Von innen zerfressen, ausgeblutet. Erschöpft und ausgelutscht.
Was macht das Leben noch lebenswert? Nichts und niemand lässt mich den bitteren Geschmack meiner eigenen Existenz vergessen, nichts schaltet diesen dumpfen, alles durchdringenden Schmerz auch nur für einen kurzen Moment aus. Er ist immer da, allgegenwärtig.
Es führt kein Weg aus diesem dunklen Tal der Verzweiflung heraus. Nichts vermag meine Qual zu lindern, erträglicher zu machen. Wann werde ich endlich daran zu Grunde gehen, die Erlösung finden, den Frieden des Sterbens? Denn eins ist sicher: Im Leben werde ich so etwas wie Frieden nicht mehr finden; Frieden und Glück sind für mich unerreichbar fern, auf immer und ewig meiner Reichweite entrückt.
Es ist egal. Mein Leben ist egal; ich bin egal.
Ich habe aufgegeben.
Heiße Tränen überströmen meine Wangen. Nein, ich weine nicht; es sind Tränen, aber ich weine nicht. Zu oft und zu viel habe ich früher einmal geweint, jetzt habe ich damit aufgehört, denn kein noch so großes Meer aus Tränen könnte mir helfen, meine Wunden kühlen, mich trösten. Es ist nur ein weiteres Zeichen meiner eigenen Unfähigkeit, meines Versagens. Es hat für die Bruchstücke, die sich früher einmal „Leben“ nannten, keine Bedeutung mehr – ist bedeutungslos.
Die kurze unbeschwerte Zeit war nur ein Trugbild, eine Täuschung und die brutale Realität trifft mich nun umso härter; versetzt mir einen Schlag nach dem anderen in die Magengrube. Ich habe aufgehört sie zu zählen oder mich gar gegen sie auflehnen zu wollen; ich nehme sie mit Gleichgültigkeit hin.
Ich habe mir lange Zeit immer wieder dieselben Fragen gestellt und sehnlichst auf Antworten gehofft; heute kann ich sie mir alle selbst geben – und auch wenn sie früher einmal scharfe Stiche in mein verletzliches Herz gewesen wären, so bohren sie sich heute nur noch in einen unförmigen Klumpen, der jegliche Fähigkeit etwas zu empfinden verloren hat.
Nur auf eine Frage hatte ich bisher nie eine Antwort gefunden – sie lautete: Wer wird mir helfen, mich wieder zum Leben erwecken? Jetzt kenne ich auch dafür die einzige, unausweichlich richtige Antwort: Niemand.



Geschrieben von pcdfan am 06.01.2008 um 19:08:

 

Woah o.o'
Saugeil großes Grinsen
Doch ohne scheiß. Die Gefühle sind ewig gut und ich kann mich nur zu gut in das Mädchen hinein versetzen. Das du aber noch für einen Aufsatz sowas bewegendes schreibst, dazu gehört dnan schon Mut o.ô
Welche Note hast du denn bekommen?



Geschrieben von **Kulli** am 08.01.2008 um 14:06:

 

ich glaub nicht, dass sie das in der Schule schreiben musste...

Ich finde sie toll, kann mich zwar nicht ganz so ins mädche hineinversetzen wie pcdfan, aber schon ganz gut...



Geschrieben von Kuckuckline am 08.01.2008 um 17:09:

 

so... auch eine "kurze" stellungnahme meinerseits zu deinem kreativen schreibsel smile [d.h. ich nenne erstmal 2 positive & 2 negative aspekte... wenn es dir hilft kann ich vllt noch weiter bewerten]

weil ich es vom prinzip her gar nicht mal so schlecht finde, beginne ich zunächst mit der positiven kritik:
+ die Idee/Empfindung diesen Text zu schreiben kann ich sehr gut nachvollziehen & finde ich auch ein zu heutiger Zeit bedeutungsvolles Thema, da viele Jugendliche heutzutage nicht mehr mit sich und ihrer Welt zufrieden sind...auch wenn viele sich da auch hineinsteigern, so gibt es doch noch jene, die ernsthafte probleme haben
++ Ab "Es ist mir egal" bis "ich nehme sie mit Gleichgültigkeit hin." -
Ich muss sagen wirklich super gelungen. Die gefühle kommen genau da an, wo sie hinsollen - an die Seele und das Herz des Lesern - sehr eindrucksvoll.

leider hab ich auch etwas zu bemängeln [und ich hoffe, dass dies jetzt nicht völlig niedermachend auf dich wirkt, denn es sind nur meine persönlichen eindrücke des textes & jeder leser sieht das werk des autoren anders und du batest um bewertung smile ]
- direkt zu Anfang schreibst du nach der Frage "Mir geht es scheiße"
Mir persönlich ist das zu direkt und wie als würde plötzlich jemand in dein Haus stürmen ohne zu klingeln. weiterhin nimmst du so schon ein wenig die spannung und die Verzweiflung des lyrischen Ichs wird abgeschwächt, denn aus persönlichen Erfahrungen ist es meist nicht so, dass man direkt sagt, mir geht es scheiße, sondern eher "drumherumdruckst" und es erst letztendlich rauskommt, wie schlecht es dir geht
- der erste abschnitt ["es ist egal" - "für andere menschen"] ist mir persönlich etwas zu lang geraten. Es scheint, als könntest das lyrische Ich doch noch ziemlich klar denken und wiederum fehlt der Ausdruck der Verzweiflung. Ich fände es so beispielsweise schöner: Es ist egal, wer ich bin, ob ich überhaupt bin, ob ich lebe oder gar nicht mehr auf dieser Welt bin - alles ist egal - es hat keine Bedeutung.
--> nochmal dran denken, dass ist meine persönliche Meinung & die jedes anderen kann anders sein & es soll kein angriff sein smile



Geschrieben von pizzi am 17.01.2008 um 18:05:

 

hi
also, ich finde die geschichte echt super! hat mich irgendwie berührt, und gerade das ist meiner meinung nach das schwerste und gleichzeitig wichtigste am schreiben. besonders gefällt mir der letzte absatz, und anders als kuckuckline finde ich auch das "mir geht es scheiße" gut, da du den rest immer so schön ausgeschmückt und beschrieben hast. somit hast du gleich am anfang quasi gezeigt, dass du auch anders schreiben kannst und nicht davor zurückschreckst, für einen aufsatz normalerweise als "unpassend" bezeichnete wörter zu verwenden.
das einzig negative für mich ist, dass du manchmal zu viel umschreibst und es teilweise so klingt, als wärst du nur darauf bedacht, es schön klingen zu lassen. manchmal ist weniger mehr xD
ich hoffe, dass das "konstruktive" kritik war und du damit was anfangen kannst fröhlich

lg



Geschrieben von Löa am 20.01.2008 um 01:24:

 

Hey Augenzwinkern
[Interessant woraus sie entstammt, mir ist neulich eine Geschichte eingefallen, die mit der Frage "Wie geht es dir" und den Antwortmöglichkeiten zu tun hat, aber okay... xD]
Ich mag die Geschichte, den Gedankengang. Über das "Mir geht es scheiße" lässt sich gewiss viel hin und her diskutieren, ich persönlich finde es passend. Es unterstreicht die Eigenschaft in einem gewissen Selbstmitleid zu versinken.
In dem Text finde ich verblüffend gut mich selbst wieder. Nicht in der heutigen Zeit, aber vor ein, zwei Jahren hatte ich genau die gleichen Gedanken und die gleiche Einstellung. Ich bin froh, dass sich meine Einstellung geändert hat. Ich könnte den Inhalt des Textes tausendfach kritisieren. Aber es sind Gedanken, Gedanken, die auch für mich einmal der Wahrheit entsprochen haben, die es vielleicht jetzt noch in der einen oder anderen Situation tun, nur um dann durch andere, bessere Gedanken erneut vernichtet zu werden.
Den Inhalt gedenke ich aus jenem Grund nicht zu kritisieren. Der Schreibstil ist einwandfrei, für mich jedenfalls, so kommt das Gefühl wunderbar herüber.
Gefällt mir wirklich sehr gut Augenzwinkern



Geschrieben von Friederike am 01.02.2008 um 13:44:

 

Erst einmal vorweg vielen, vielen lieben Dank für die Kommentare; mit so viel [positiver] Resonanz hätte ich wirklich nicht gerechnet!

Nun ein kleines Feedback von mir an jeden persönlich:
@ pcdfan Vielen Dank noch einmal für die positive Rückmeldung, es freut mich natürlich immer sehr, wenn meine Geschichten so gut ankommen. **Kulli** hat mit ihrer Bemerkung recht - ich habe diese Geschichte nicht als Aufsatz für die Schule, sondern für mich persönlich geschrieben.

@ Kuckuckline Mit deinen Kritikpunkten kann ich sehr gut umgehen und ich bin für sie auch sehr dankbar, da ich mich nur durch derartige Rückmeldungen verbessern und weiter entwickeln kann. Also im Voraus schon einmal vielen Dank auch dafür! Konkret möchte ich auf die zwei Negativbemerkungen nur kurz eingehen und sie ansonsten so stehen lassen. Mit der Anfangpassage hadere ich auch des Öfteren mal - sie ist sicher strittig. Einigen gefällt der "überfallartige" Anfang, anderen wiederum nicht. Von mir persönlich ist es genauso abrupt gewollt; soviel dazu.
Über deine alternative Möglichkeit bei dieser einen Passage werde ich noch einmal genauer nachdenken und sie dann auch eventuell umsetzen. Bis jetzt hatte ich noch nicht die Zeit [und Lust muss ich zu meiner Schande gestehen] mich damit eingehend auseinanderzusetzen, allerdings nehme ich diesen Vorschlag gerne an. Abschließend möchte ich mich bei dir ganz besonders noch einmal für dieses detailierte Feedback bedanken.

@ pizzi Auch an dich geht mein herzlichster Dank - und ja, du hast recht, ich neige wirklich manchmal zum Schwafeln. Da sich dieser Missstand jedoch mehr oder weniger durch die ganze Geschichte zieht, werde ich kaum eine Verbesserung erzielen können, es sei denn, ich schriebe die komplette Story neu. Da sie dann jedoch - meiner Meinung nach - an Wirkung und persönlichem Wert für mich verlieren würde, denke ich, werde ich diesen Kritikpunkt leider vorerst nicht umsetzen können - ich werde ihn mir aber für die Zukunft merken!

@ Löa Dankeschön. Ich stimme dir beim Thema "Inhalt" ohne weiteres zu und ich denke, damit können wir das auch so stehen lassen. Noch einmal vielen Dank für den Beitrag.



Geschrieben von pizzi am 08.02.2008 um 22:12:

 

nein so war das gar nicht gemeint! mir ist schon klar, dass du die geschichte nicht umschreiben kannst, und das wollte ich auch gar nicht von dir verlangen! tut mir leid, wenn das so rübergekommen ist.
das mit dem "schwafeln" ist ja auch nicht schlimm, es ist mir nur einfach manchmal aufgefallen, aber das macht nichts, denn schön klingen tut es ja. smile nein, also lass die geschichte bitte genaus so wie sie ist, das war nur so eine kleine bemerkung am rande großes Grinsen

lg pizzi



Geschrieben von Kuckuckline am 09.02.2008 um 13:14:

 

Schön, jemanden hier angefunden zu haben, der sich auch Kritik zu Herzen nehmen kann smile Würde aber auch gerne in nächstliegender Zeit noch einmal etwas von dir lesen... Also falls dich plötzlich ein "Geistesblitz" trifft & die Schreiblust deine Finger zum beben bringt, dann bloß nicht zurückhalten!

LG



Geschrieben von Meenie am 09.02.2008 um 14:34:

 

Hey.
Also. Mir gefällt dein Text total gut.
Die Direktheit finde ich klasse, dadurch fühle ich mich irgendwie gleich persönlich miteinbezogen. Die Gefühle sind gut geschildert und super dargestellt. Ich kann mich richtig gut in das Mädchen hineinversetzen...
Auch die Brüche und Wiederholungen passen. Ein emotionaler, toller Text smile
Respekt


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